XII. Quo vadis Europa?? Wider die feindlich-destruktive Politik und deren Logik des Kampfes
XI. Es ist Zeit, der Hybridität zu entsagen !! Von Weltspaltungspolitik zur Welterhaltungspolitik
X. Die Unabhängigkeit. Absolute oder Relative?!
IX. Über die Vorgehensweise des Staates gegen die "Letzte Generation"
VII. Über die richtige Diplomatie. Eine Reflexion aufgrund des Rußland-Ukraine-Konflikts (2022)
IV. Über das richtige Leben (2021)
III. Über die Verwandlung der Ethik und die Relativierung der Werte (2021)
II. Gemeinschaft und Gemeinschaftlichkeit (2021)
Nach 75 Jahren
Das Grundgesetz für die BRD
ethisch, nicht dogmatisch verstehen und danach handeln
Mehdi Tohidipur
Das Grundgesetz zeichnet sich dadurch aus, daß es die Achtung und den Schutz der „Würde des Menschen“, in Verbindung mit der Präambel des GG, zur unabänderbaren Richtschnur des Handelns und Entscheidens aller staatlichen Gewalt, in Innen- und Außenpolitik, und der Bundes- und Landesverwaltungen, sowie der Gerichte deklariert (Art. 1, 79, Präambel GG).
Das bedeutet, daß die Innen- und Außenpolitik der Bundesregierung, sowie der Landesregierungen, die Entscheidungen der Gerichte, die Entscheidungen und Handlungen der Bundes- und Landesverwaltungen, sind an diese unabänderbare Richtschnur von GG gebunden (Art. 1, 79, Präambel GG).
Eine Innen- und Außenpolitik, unter Achtung der Bestimmungen von Art. 1 und der Präambel des GG, führt im Inneren, wie im Äußeren, zur
· Einheit in Verschiedenheit der Völker
· Freundschaft in Verbundenheit der Völker
· Sicherheit in Vertrautheit der Völker.
Eine feindselig-reaktiv-spaltende Innen- und Außenpolitik, die im Westen, mit hoher Beteiligung von BRD, seit dem Untergang der Sowjetunion gängig ist, und in Deutschland entgegen den Deklarationen von Art. 1, Präambel GG, immer mehr Verbreitung findet, führt im Inneren, wie im Äußeren zur Aufhebung der Einheit der Völker, mithin zur Entstehung der feindlichen Lager sowie zum Aufeinanderprallen widerstreitender Auffassungen und Interessen, welche zum Zerwürfnis und mithin zu schweren, bewaffneten, militärischen, Konflikten führen, und neben Leid, Vertreibung, Tod auch schwere Verletzungen der Menschenwürde der Zivilbürger in den betreffenden Ländern bedeuten.
Die Nato-Mitgliedschaft und weitere militärische Aktivitäten und Hilfeleistungen der BRD als Mitglied der Nato – anstatt gemäß GG-Präambel: „ dem Frieden der Welt zu dienen“ – insbesondere hinsichtlich der Entstehung und Weiterführung des Ukraine-Krieges und des Nahost-Konfliktes, stellen sämtlich die Mißachtung der Deklarationen des Art. 1 und der Präambel GG dar.
Selbst die Wiederbewaffnung der BRD war nicht mit den Deklarationen des Art. 1 und der Präambel GG vereinbar.
Die Menschenwürde ist in der Werteordnung des GG der oberste Wert, von dem die demokratische, soziale, rechtsstaatliche Grundordnung der BRD ihren Ausgang nimmt (BVerfGE).
Die Menschenwürde wird geprägt vom Menschenbild des GG, welches den Mensch als in der Gemeinschaft integrierte und ihr vielfältig verpflichtete Persönlichkeit begreift (BVerfGE), und welches von der grundsätzlichen rechtlichen Gleichheit aller Menschen ausgeht (Art. 3 GG).
Die Subjektqualität des Menschen und wie er sich in seiner Individualität selbst begreift, und seiner selbst bewußt wird, darf nicht in Frage gestellt werden (BVerfGE).
Die bestimmten Fälle der Beeinträchtigung und Verletzung der Menschenwürde sind:
Sklaverei, Folter, Vergewaltigung, Herabwürdigung, Ausrottung, Entrechtung, Vertreibung, Verschleppung, Zwangsarbeit, erniedrigende und unmenschliche Behandlung, Achtung als Mensch absprechen (HessStGH, BVerfGE).
Die Grundrechte des GG, insbesondere Art. 1 GG, haben multifunktionalen Charakter.
Zum einen sind sie subjektive Rechte des Einzelnen (Freiheitsraum des Einzelnen) gegenüber dem Staat (staatlichen Eingriffen), als Abwehrrechte.
Zum anderen sind sie Elemente objektiver Ordnung, welche die Werteentscheidungen vorgeben, an denen sich jegliches staatliche Handeln zu orientieren hat (Art. 1, 3 GG).
Das Grundgesetz erklärt die Grundrechte als überstaatliches Recht, welche in ihrem Wesensgehalt unantastbar sind (Art. 19 GG) und welches die Gesetzgebung als unmittelbar geltendes Recht bindet (Art. 1, 3 GG).
Die Grundrechte sind die Gesetzgebung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung bindende Deklarationen mit Wesensgehalt als unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Inhalt nicht absolut, sondern immer nur in Ansehung des konkreten Falles, vom Bundesverfassungsgericht oder von ordentlichen Gerichten, oder durch Gesetzgebung per Gesetz, bestimmt werden kann (BVerfGE).
Dies führt zu dem verfassungsmäßig-verfahrensrechtlichen Umstand, daß:
In einem Rechtsstaat die Möglichkeit der Forderung der Realisierung einer Verfassungsdeklaration mit unbestimmtem Rechtsbegriff, oder der Klageerhebung in dieser Sache, sowie die Forderung der Beachtung und Verwirklichung von Geist und ethischen Grundsätzen eines Grundrechts, nur auf Grund eines Gesetzes besteht – Der Grundsatz vom Gesetzesvorbehalt (Art. 19 I GG).
Diesem Umstand gegenüber:
In einem Rechtsstaat darf nur aufgrund eines formellen Gesetzes oder einer hierauf beruhenden sonstigen Rechtsnorm (Rechtsverordnung, Satzung), in die Rechtssphäre des Bürgers eingegriffen werden – Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.
Die deklaratorischen Normsetzungen des Grundgesetzes können aber, ohne Gesetzgebung, im Sinne des GG, bei weltethischem Bewußtsein, eigenverantwortlich, von Kanzler oder Regierung der BRD, voll verwirklicht werden.
Man braucht hier nur gute Gesinnung.
Hierbei verweise ich zuversichtlich Bundeskanzler und Bundesregierung auf die Präambel des GG:
„Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen …, hat sich das Deutsche Volk … dieses Grundgesetz gegeben.“
(18.09.2024)
Quo vadis Europa??
Wider die feindlich-destruktive Politik und deren Logik des Kampfes.
Mehdi Tohidipur
Weder der Krieg in der Ukraine ist „die größte Gefahr für Europas Sicherheit“ (E. Macron), noch sei es im politisch-ökonomischen Interesse des Ostens begründet, noch seien seitens des Ostens die europäischen Staaten gefährdet.
Die Staatsführungen sowohl des Nahen, als auch des Fernen Ostens seien primär bemüht um Stabilisierung ihrer innenpolitischen, ökonomischen und sozialen, aber auch wissenschaftlich-technischen Lage, und hierfür um konstruktive Teilhabe an internationalen Beziehungen, sowie um die Sicherung der Grenzen ihrer Herrschaftsgebiete.
Darüber hinaus haben sie – aufgrund der vorhandenen Kräfteverhältnisse – kein Interesse an der Erweiterung ihrer – ohnehin jeweils schon die größten der Welt – Herrschaftsgebiete.
Die gegenwärtige krisenhafte politische, ökonomische, soziale Lage in Europa, und die gespannte Lage der Internationalen Beziehungen, sowie das Dilemma des Ukrainekrieges, seien begründet in der destruktiv-hybriden Politik der NATO, mit ihrem Prinzip der Logik des Kampfes, nämlich: Die Verweigerung der NATO, vor einer Aufnahme von Ukraine als Mitglied, hinsichtlich der Grenzsicherung von Russland, die hierzu wesentlichen Abmachungen mit der Russischen Föderation zu treffen.
Die Vorgehensweise der europäischen Staaten, im Rahmen der NATO-Bündnispolitik, unter Führung der USA, nach dem Prinzip der Logik des Kampfes – ohne sachgerechte Planung und Strategie – ist wie alle bisherigen NATO-Einsätze zum Scheitern programmiert.
Europas Staatsführungen sollten sich auf ihre historischen und politisch-sozialen Erfahrungen rückbesinnen, daß jegliche feindlich-destruktive politische Planung und Handlung, nach der Logik des Kampfes, nur Verlust und Elend mit sich bringt, keinesfalls aber Erfolg und Sicherheit.
Nur konstruktiv-sachgerechte politische Planung und Handlung bei Pflege der Internationalen Beziehungen, nach der Logik des Dialoges, verspricht Erfolg und Sicherheit.
Die Sicherung einer Zukunft der Welt in Frieden und Gerechtigkeit, sowie die Behebung konkreter Nöte und Elend, verlangen Planung und Handlung nach der Logik des Dialoges, das heißt den Dialog mit Andersdenkenden, Andersherrschenden und Anderslebenden, zur Zusammenarbeit.
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Der Dialog
Der Dialog ist mehr als bloßes Miteinander-Reden.
Der Dialog ist das Handeln im Geiste der Sache.
Dialogführer müssen:
· Gut denken: Weisheit.
· Gut reden: Redlichkeit.
· Gut Handeln: Gerechtigkeit.
Dialog setzt voraus:
· Ernstnehmen des Anderen.
· Voneinander lernen wollen.
· Erkenntnis der Geschichtlichkeit der Wahrheit: Zeitlosen „Besitz“ der Wahrheit gibt es nicht.
· Eine Aussage muß im logischen Zusammenhang mit anderen Aussagen stehen, und einen Bezug zu dem Kontext des Dialoges haben.
(27.04.2024)
Es ist Zeit, der Hybridität zu entsagen!!
Von
Weltspaltungspolitik
zur
Welterhaltungspolitik
Mehdi Tohidipur
Der Auftritt des Westens auf die Bühne der Weltgeschichte, mit der Herrschaft der Römer und Griechen, geschah schon mit hybridem Regierungsstil, jener vermessene Stil der Herrschaft, der weltspaltenden Erfolgs- und Gesinnungsethik, mithin die weltweite Schaffung von Feindbildern und Hervorrufung von Konflikten und, in der Folge, Radikalisierung und Inhumanisierung der Weltgemeinschaft.
Dieser Zustand herrscht sowohl im Osten als auch im Westen, heute noch.
Im Osten:
Der präventive Regierungsstil
Ein durch vorbeugende, zuvorkommende (einem vermuteten Angriff des Gegners zuvorkommende → auch durch einen Angriffskrieg!!), verhütende Maßnahmen gekennzeichneter Regierungsstil mit der immerwährenden Entschlossenheit, die Risiken rechtzeitig zu erkennen und sie auszuschalten.
Die Infrastruktur für optimales Funktionieren des präventiven Regierungsstils ist zwingend der Ausbau von Geheimdienst, und Kontrollsystem in allen Bereichen der Regierungstätigkeit sowie ein schlagkräftiges Militärsystem, welche als Nebeneffekt zur Entwicklung von Oligarchie und Korruption führen.
Im Westen:
Der hybride Regierungsstil
Ein vermessener Regierungsstil, voller Selbstgefälligkeit (von sich überzeugt), Selbstherrlichkeit (sich in seinen Entscheidungen und Handlungen, aufgrund ihrer Machtvollkommenheit, mit völliger Selbstverständlichkeit über andere hinwegsetzend), Selbstgerechtigkeit (von eigener Unfehlbarkeit überzeugt), welcher aufgrund dieser radikalen Eigenschaften des hybriden Regierungsstils, grundsätzlich zu radikalen innen- und außenpolitischen Zuständen führt.
Einen neuen Stand bekam der westliche Regierungsstil nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Aufstieg der USA zur Weltmacht und Führungsmacht des Westens und mithin die Prägung der westlichen Regierungen durch die Einstellungen der US-Philosophie des Pragmatismus (im Handeln drückt der Mensch sein Wesen aus, auch von Wert und Unwert seines Denkens.), und der aus deren Geist geborenen, unheilvollen Idee vom „Kampf der Kulturen“ (S.P. Huntington, 1996), mit deren von Erfolgs- und Gesinnungsethik besetzten, weltspaltenden, Feindbilder und Konflikte schaffenden Philosophie.
Dies bedeutet, daß allen Ost-West Konflikten und Krisen, wesentlich, der Regierungsstil der westlichen Staaten zugrunde liegt, nicht aber die Regierungsform der Demokratie oder der Autokratie.
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Die Demokratie ist eine Herrschaftsform mit Bezug auf Belange des Volkes.
Die Autokratie ist eine Herrschaftsform mit Bezug auf Interessen der Herrschaft.
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Sowohl die Demokratie als auch die Autokratie sind Formen der Herrschaft, welche zu ihrer Verwirklichung einer entsprechenden, wesentlichen (materiellen) Ordnung (Gehalt, Verfassung) bedürfen.
Die Ordnung bzw. Verfassung jedes Herrschaftssystems, um effektiv und optimal zu sein, muß dem ethischen, kulturellen, traditionellen, sozialen, ökonomischen Bedarfsstand der jeweiligen Staatsgemeinschaft entsprechen und in ihr verwirklichbar sein.
Hiernach ist der Gehalt der Ordnung maßgebend für die Erkennung der Bezugsrichtung der Herrschaft und nicht die bloße Form der Herrschaft.
Die Verfassungen der westlichen Staaten sind die Früchte der Bewegung des revolutionären Bürgertums im 18. Jahrhundert, der Staatsphilosophie der Aufklärung, der sozialen und politischen Bewegungen der Volksmassen, um ihre Träume und ihre Hoffnungen, ihre philosophisch legitimierte Freiheit und Gleichheit auch im politisch-rechtlichen Raum zu entfalten.
Die westlichen Verfassungen entstanden vor allem im Kampf gegen die Hybridität der bestehenden Herrschaft ihrer Zeit. Demnach legitimiert keine geltende westliche Verfassung, einen wenn auch als Form demokratisch bemäntelten, hybriden Regierungsstil!!
Offenbar schätzen die Führer der westlichen Staaten diese wesentliche Frage nicht im vollen Umfang ein.
Ein hybrider Regierungsstil ist außer weltspaltender und konfliktschürender Wirkung, zudem, nach der Verfassungsordnung aller westlichen Staaten, nicht verfassungsmäßig.
Dennoch:
Die NATO, unter Führung der USA, samt ihren Mitgliedsstaaten regieren nach dem hybriden Regierungsstil und betreiben weiterhin Innen- und Außenpolitik nach der weltspaltenden und von Erfolgs- und Gesinnungsethik besetzten Philosophie des Pragmatismus und der Huntington’schen Idee vom „Kampf der Kulturen“.
Das zur gleichen Zeit, wie die Huntington’sche Idee, verkündete, Weltgemeinschaft verbindende, verantwortungsethikorientierte und vor allem demokratiegemäße „Projekt Weltethos“ von H. Küng (1990), wurde hingegen, bis heute, von westlichen Staaten in Innen-, Außen- und Kulturpolitik völlig außer Acht gelassen.
(25.08.2023)
Die Unabhängigkeit
Absolute oder Relative?!
Mehdi Tohidipur
Das Absolute führt bei Menschen zur Beliebigkeit bis hin zum Absolutismus.
Die gewährten Unabhängigkeiten in der Demokratie, von der Unabhängigkeit der Richter, der Hochschullehrer und Schullehrer, der gewählten Vertreter des Volkes, der Presse und Medien, bis zu Laienrichtern, sind keine absoluten Unabhängigkeiten, sondern sämtlich an Grundsätze gebundene relative Unabhängigkeiten.
Die richterliche Unabhängigkeit ist gebunden an die Normen der Verfassung und des geltenden Rechts (de lege lata) des jeweiligen Staates.
Die Unabhängigkeit der Hochschul- und Schullehrer ist gebunden an die Normen der Verfassung und des geltenden Rechts des jeweiligen Staates, und an Grundsätze der fachlichen Gültigkeit, Wahrheit, Sachlichkeit, pädagogischen Wertigkeit, Unparteilichkeit.
Die Unabhängigkeit der gewählten Vertreter des Volkes ist gebunden an die Normen der Verfassung und des geltenden Rechts des jeweiligen Staates, und deren persönlich-ethische Integrität.
Die Unabhängigkeit der Presse und der Medien ist gebunden an die Normen der Verfassung und des geltenden Rechts des jeweiligen Staates, und an Grundsätze der Wahrheit, Sachlichkeit, Unparteilichkeit.
(07.08.2023)
Über die Vorgehensweise des Staates gegen die Bewegung der „Letzten Generation“
Mehdi Tohidipur
Einem Staat wie der BRD, welcher fortwährend auf allen politischen Bühnen der Welt als Lehrmeister in Sachen Demokratie, Menschenrechte, sozialökologischer Umbau der Gesellschaft, auftritt, muß bewußt sein, daß der sozialökologische Umbau der jeweiligen Gesellschaft, folgende Wandelkomponenten voraussetzt:
· Soziale und kognitive Horizontwende
· Technologische Wende
· Energiewende
· Ökonomisch-ökologische Wende
und vor allem
· Politikwende
D. h. eine Politik, welche all diese Wandelkomponenten essentiell zu ihrer Agenda deklariert.
Die politische Bewegung der „Letzten Generation“ gehört zur als erstes oben genannten Wandelkomponente des sozialökologischen Umbaus der BRD – auch wenn sie in ihrer Praxis, als aktive Bürger – rechtlich unwissentlich (wegen der Frage des „unbestimmten Rechtsbegriffs“, welche die Grundrechte des GG beinhalten) – die Grenzen der Legalität überschreiten. Die Vorgehensweise des Staates gegen diese Bewegung überschreitet weitgehend die Grenzen des demokratischen Verfassungsrechts, und stellt vollends den Schmitt’schen Dezisionismus dar, d.h. die Relativierung der rechtlichen Normativität des Verfassungsgesetzes angesichts der vorausliegenden politischen Entscheidung des Verfassungsgebers, und damit die Abgrenzung des Begriffs des Politischen durch Kriterien von Sachgebieten wie ethischer, sozialer, sozialökologischer und kognitiver Horizontwende der Gesellschaft, insbesondere der kognitiven Horizontwende der jungen Generation des Volkes.
Das Geschehen legt den Widerspruch zwischen den realen sozialen Verhältnissen der Bundesrepublik und dem inhaltlichen Anspruch von Demokratie des Grundgesetzes offen.
(29.05.23)
Über das Recht zum Widerstand
Eine Reflexion aufgrund der Protestbewegung iranischer Frauen
Mehdi Tohidipur
Kommen wir auf die Welt, ausgestattet mit Rechten?
Den Menschen werden die Rechte verliehen, und zwar während der Kindheit (und darüber hinaus) mit dem Geltungsgrund der bedingungslosen Liebe und Wertschätzung der Eltern zu ihrem Kind, und nach Erlangen der Personalität und Sozialität durch seine ganze Lebensaktivität, auf der Grundlage seiner Entwicklung und Entfaltung in der Familie, sowie nach den Regeln der Rechtsordnung seiner Kulturgemeinschaft.
Das Recht in menschlicher Kulturgemeinschaft bezeichnet eine grundsätzliche, allgemeine Deklaration zur Ordnung, Regelung und Anleitung des privaten, sozialen, politischen Verhaltens und der Beziehungen der Menschen.
Das Recht konkretisiert sich in menschlichen Kulturgemeinschaften als Berechtigung (Anspruch, Befugnis, Anwartschaft) und die Berechtigung impliziert Anspruch in Verbindung mit Erfüllung von Etwas (von vorgegebenen Voraussetzungen, Kriterien) als Pflicht (als rechte Haltung bzw. rechte Leistung).
Den Geltungsgrund des Rechts im Rahmen der Rechtsordnung einer Kulturgemeinschaft bildet das objektive Recht (geltendes Recht) als Grundlage subjektiver Rechte (einklagbare individuelle Berechtigungen), welche die potentiellen Träger von Rechten und diese bedingten Pflichten bestimmen.
· Das Recht bedingt einer Pflicht.
· Kein Recht ohne Pflichtwahrung.
Beispielhaft hierfür sind die Deklarationen der Artikel 2 Abs. 1 und Artikel 5 GG in ihrer dialektischen Verbindung miteinander und der Verbindung mit Artikel 1 Abs. 1 und 2 GG hinsichtlich der Bedingtheit der Rechte von Pflichten.
Deshalb gründet sich auch die Lehre aller großen Religionen – Judentum, Christentum, Islam – auf Pflichtenlehre, woraus den Gläubigen die Anwartschaft auf Rechte (Gnade, Vergebung, Erlösung, Ewigkeit des Lebens) verliehen wird.
Auch die Rechtsordnungen der weltlichen Staaten, ob West oder Ost, sind grundsätzlich nach diesem Prinzip gestaltet.
Kein Recht ohne Erfüllung einer Pflicht.
Nur die heuchlerische Politik der westlichen Staaten tut so, als ob die Menschen mit subjektiven Rechten geboren werden, obwohl gerade in diesen Staaten die Bürger permanent ihre Anwartschaft auf Rechte erkämpfen mussten und müssen.
Die jüngste Protestbewegung der iranischen Frauen gründet sich, bedauerlicherweise, auf manipulative Deutungen des Rechts ohne Pflicht, nicht aber auf die zwischen den protestierenden iranischen Frauen und der Herrschaft des Landes bestehende eigentliche Problematik, nämlich „… das Tragen eines Schals gegenüber fremden Männern, um ihre Scham zu wahren, bis auf das, was davon sichtbar sein muß…“ (Koran: 24/31-33/59).
Hierbei wäre der geeignete Weg ein sachgemäßes Vorgehen gegen unrechtmäßige Handlungen der Sittenpolizei durch friedliche Demonstrationen und Manifestationen der betroffenen Frauen – auch unter Teilnahme ihrer Ehemänner – mit dem wirkungsvollen Slogan, daß ihnen, trotz voller Einhaltung der Sittengesetze (Koran: 24/31 und 33/59), die ihnen zustehende Anwartschaft auf Recht der freien Bewegung in der Öffentlichkeit – aufgrund unberechtigten Einschreitens der Sittenpolizei nicht gewährleistet wurde.
Nicht aber, wie es geschehen ist, durch Entschleierung und Verbrennung ihres Kopftuches und mithin dem Verstoß gegen das Sittengesetz (Koran: 24/31-33/59) den falschen Weg zu suchen und sich somit von der Position der Berechtigung und dem damit verbundenen Anspruch auf Rechte, in eine Position des Rechtsbruchs und dem damit verbundenen Verlust von Rechten und mithin in die Strafbarkeit zu begeben.
Jede Bewegung ist legitim, wenn Recht zu Unrecht wird – sie ist illegitim, wenn sie im Unrecht Rechte fordert.
Hiernach ist jede Bewegung als Widerstand legitim, wenn sie eine wertegeleitete Bewegung darstellt, das heißt, wenn eine Anwartschaft auf Recht besteht und dieses Recht zu Unrecht wird, dann ist der Widerstand Pflicht.
Die Iranerinnen und Iraner haben bedauerlicherweise – unter Einfluß der feindseligen Haltung der westlichen Politik und Medien und der antiiranischen Kräfte im Ausland – durch ihre Unart des Widerstandes, ihre Anwartschaft auf Recht vereitelt.
Die Solidarität der westlichen Welt ist keine Verbundenheit mit den Bewegungen im Osten, sondern für sie nur relevant, wenn es eine Bestätigung der sozialen und politischen Prozesse der westlichen Werterelativierung darstellt.
Die iranischen Frauen und Männer sind in der Tradition der Prinzipien Zarathustras:
· Gut denken
· Gut reden
· Gut handeln
und der Tradition der islamischen Pflichtenlehre:
aufgewachsen, welche als innere Grundeinstellung, deren Haltung bei Denken, Fühlen, Handeln, prägen sollen.
Diese wertegeleitete Tradition sollte auch stets ihre Lebensführung, also eine wertegeleitete Lebensführung bestimmen. Sie sollte daher nicht einer wertefreien Lebensführung (Werturteilsfreiheit) westlicher Prägung nacheifern.
(27.03.2023)
Über die richtige Diplomatie
Eine Reflexion aufgrund des Rußland-Ukraine-Konflikts
Mehdi Tohidipur
Im Allgemeinen sind alle politischen, insbesondere aber die außenpolitischen Konflikte und Krisen als Reaktionseinheiten zu werten.
Sie sind vergleichbar mit der Entstehung von Fieber als körperliche Abwehrleistung, welche oft mit Schüttelfrost verbunden ist.
Gegen steigendes Fieber und mithin Schüttelfrost verschreibt der Arzt, neben notwendigen Untersuchungen, fiebersenkende Arzneimittel (Antipyretika), nicht aber die Körpertemperatur steigernde Mittel, weil der Patient Schüttelfrost hat.
Das einzig geeignete krisen- und konfliktsenkende Mittel in der Außenpolitik ist eine Diplomatie auf der Basis des konstruktiven Wegs der Differenzierung in dialogischer und vertraglicher Kommunikation und Interaktion mit den anderen, auf Grundlage der Reziprozität und der Suche nach Verbindendem, nicht aber Trennendem (Druck, Drohung, Sanktionen). Hierzu mehr, siehe unter Stellungnahmen II.
Hierbei soll man nicht vollgepackt mit dem Eigenen (jemandem selbst gehörend, einer Sache, einem Ding zugehörend, als Einstellungen, Meinungen, Parteilichkeiten, Wünschen ...), sondern mit der strategischen Planung A und B, in Bezug auf das Eigentliche (wirklicher, tatsächlicher Zustand und Grund einer Sache oder Begebenheit), im Koffer, den Gesprächspartner aufsuchend.
Zur Realisierung der eigenen Intentionen bei jedem Gespräch, insbesondere aber bei diplomatischen Verhandlungen, darf man nicht mit Forderungen, sondern stets mit Erwartungen auftreten.
Die Erwartung impliziert Hoffnung und Zuversicht gegenüber dem Gesprächspartner, in Verbindung mit der würdigen Einschätzung des Gesprächspartners.
Die Forderung impliziert dagegen Feindseligkeit in Verbindung mit der überheblichen Entwürdigung des Gesprächspartners.
Die Erwartung darf nicht subtil die Elemente des Eigenen tragen, sondern ganz das Eigentliche in Betracht ziehen und darüber hinaus muss sie im Bereich des Möglichen des Gesprächspartners liegen.
Bei Nichtbeachtung dieser Grundsätze läuft jede Verhandlung ins Leere.
Für diplomatische Verhandlungen bedarf man politischer Reife und Erfahrung, zudem der Fähigkeit zu rationalen Interaktionen auf der Grundlage der implizierten Verantwortung und Empathie bzw. Reziprozität (Gegenseitigkeit).
All das, was im Rußland-Ukraine-Konflikt seitens der Nato geschieht, läuft dem zuwider.
(22.02.2022)
Über den „Unmut“ der Menschen, aufgrund der Covid-19-Pandemie in ihrer Freiheit „entrechtet worden zu sein“
Ein Erklärungsversuch
Mehdi Tohidipur
Das Recht ist eine Deklaration, eine feierliche öffentliche Erklärung, welche von öffentlichen Gewalten (Staaten, Regierungen, internationalen Organisationen) abgegeben wird.
Das Recht ist insoweit zunächst eine Möglichkeit (die Saat), deren Verwirklichung (Entwicklung, Gedeihung) eines entsprechenden Zustands (den geeigneten Boden) bedarf (im Öffentlichen: Herrschaftsordnung, Herrschaftsideologie, Regierungssystem – im Sozialen und Privaten: Eignung, Qualifizierung, Leistungskraft, Vermögen, Gesundheit).
Das Recht bedarf also zur Verwirklichung eines entsprechenden Zustands, sonst läuft es leer.
Dies gilt voll bei dem Recht auf Freiheit.
Die Mutter der Freiheit ist die Sicherheit.
Ohne Sicherheit gibt es keine Freiheit.
Alle sozialen Revolutionen und Bewegungen in der Geschichte der Menschheit zielten auf Beseitigung der Ungerechtigkeit und Sicherung der Rechte der Menschheit, und damit die Schaffung der Freiheitsräume (Zustand) für Handlung und Entfaltung der Menschen.
Die Sicherheit ist ein Zustand, während die Freiheit nur eine Möglichkeit darstellt, welche ohne gegebenen Zustand leerläuft.
Die Sicherheit ist der Zustand, in dem die Freiheit möglich ist.
Also ist die Freiheit eine Möglichkeit, die nur im Zustand der Sicherheit Verwirklichung finden kann.
Die Freiheit ist kein Selbstläufer, denn nur in Sicherheit ist die Freiheit möglich.
Im privaten und sozialen Leben der Menschen ist nur im Zustand der Gesundheit, als Sicherheit, eine Handlungsfreiheit als Möglichkeit gegeben.
Alle Bemühungen der Gesundheitsbehörden sollen nicht als Einschränkung, gar Beseitigung der Freiheitsrechte, sondern als Sicherung des Gesundheitszustands der Menschen verstanden werden.
(10.10.21)
Über die Befindlichkeit der Welt seit den 1970er Jahren
Eine Reflexion aufgrund des Afghanistan-Dramas
Mehdi Tohidipur
Im Zuge der Gesamtlage der Welt zwischen Integration und Polarisierung, kam es seit den 1970er Jahren zu lebhaften soziologischen, politischen und politisch-psychologischen Debatten über
⁕ die „Entgrenzung der Staatenwelt“, die „Weltgesellschaft“ – eine fortschreitende Zusammenfassung der menschlichen Zivilisation aller Völker in einem Gesellschaftskörper – und die „weltgesellschaftlichen Entwicklungstendenzen“ (Niklas Luhmann/Lothar Brock/Mathias Albert)
⁕ den „Niedergang des Territorialstaates“ und die Irrelevanz der Unterscheidung von Innen- und Außenpolitik (John Herz)
⁕ die abnehmende territoriale Übereinstimmung von Gesellschaft (Staatsvolk), Wirtschaft (Nationalökonomie) und politischem System (Staatsmacht), aufgrund der Denationalisierung, d.h. die zunehmende Erodierung von Territorialität und Souveränität
⁕ die Entwicklung von Grenzräumen als Wirtschaftsräume (Susan Strange / Werner Link / Thomas Bernauer)
⁕ den Auftritt von transnationalen Konzernen – global players – und einer transnational vernetzten Zivilgesellschaft auf die Bühne der Weltpolitik
⁕ die Herausbildung transnationaler sozialer Beziehungsräume durch globale Migration
⁕ die Virtualisierung von Lebensräumen durch elektronische Kommunikation und Interaktion.
Hieraus zeichnet sich einerseits durch „immense anwachsende Kenntnisse über Fakten und der Interaktionsbedingungen des Menschen“ und die „weltweiten wirtschaftlichen Verflechtungen“ und die „weltweiten Möglichkeiten der Bedarfsdeckung“ (Niklas Luhmann) eine vereinheitlichende Tendenz zu einem Weltzustand – „Weltgesellschaft“ – ab. Andererseits aber löst die die kosmopolitische Tendenz der Vereinheitlichung ihrerseits neue Fragmentierungen, Polarisierungen aus, welche zu Differenzierungen und Spaltungen führen. Zu diesem Befund kam seit den 1990er Jahren hinzu: ⁕ eine weitere Transnationalisierung der Produktion und der Produktivkräfte sowie die Herstellung der Produkte und Dienstleistungen für einen weltweiten Bedarf ⁕ der freie Fluß von Kapital über den Globus ⁕ ein starkes Wachstum globaler Finanzmärkte mit der Ablösung von nationalstaatlicher Kontrolle und Entscheidungen ⁕ die Verdichtung grenzüberschreitender politischer, sozialer Wechselbeziehungen: die Globalisierung.
Mit der Globalisierung fand auf der Ebene der internationalen Beziehungen ein Paradigmenwechsel statt, und zwar vom alten Paradigma der Ausgrenzung und des Feindbildes, zum neuen Paradigma des international notwendigen Einbindens, aufgrund der neuen Herausforderungen mit globalen Dimensionen, deren Lösungen internationale Zusammenarbeit und Koalition forderten.
Aufgrund der Verdichtung globaler Verflechtungen in den Bereichen Ökonomie, Politik, Ökologie, Kultur, Technologie, Verkehr, Kommunikation, Migration, und der hierfür nicht ausreichenden Steuerungskapazität eines einzelnen Staates sind die bestehenden und künftigen globalen Probleme nur durch internationale Zusammenarbeit zu lösen. Wobei die Globalisierung den beteiligten Nationalstaaten ein wettbewerbsfähiges und globalisierungstaugliche System der Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur abverlangt.
Dies bedeutet, daß die Globalisierung bei Weitem keiner wahrhaft globalisierten politischen, ökonomischen, sozialen Entwicklung der Welt entspricht, und keine globalisierte „Weltgesellschaft“ schafft.
Die Globalisierung führt in der Tat zur Entwicklung von Handels-, Finanz- und Produktionszentren, die von Monopolkapital in globalisierungsfähigen Staaten angesiedelt sind und über diese sodann ihre Finanzherrschaft und ökonomische Herrschaft frei und ohne Schranken, über den ganzen Globus ausüben.
Hinsichtlich des Wandels der Weltkonstellation, ist, seit den beiden Weltkriegen, die Menschheit und deren Kulturwelt, Lebenswelt, Arbeitswelt, politische und soziale Ordnungswelt in einem Paradigmenwechsel (Wechsel vom gemeinsamen Leitbild) von der Moderne zur Postmoderne begriffen.
Die postmoderne Weltkonstellation ist gekennzeichnet wie folgt:
Geopolitisch ist sie eine polyzentrische Konstellation, geführt von den USA, Rußland, China und einigen westliche Mitgliedsstaaten der EU, darunter die BRD.
Ökonomisch ist sie eine postkapitalistische und postsozialistische Ökonomie, die sich von der sozialen Marktwirtschaft (sozial ausgerichteter Ordnungsrahmen der Wirtschaftsverfassung) allmählich zur neoliberalen Ökonomie (auf Steuerung und Wettbewerb ausgerichteter Ordnungsrahmen der Wirtschaftsverfassung) entwickelt hat.
Kulturpolitisch entwickelt sie sich als postideologische und postkonfessionelle Kultur zur plural ausgerichteten und ökumenischen Kultur.
Diese in Umrissen dargestellte Befindlichkeit der Weltkonstellation erweckt sowohl Hoffnung als auch Sorge.
Die Hoffnung kommt durch weltweite Bemühungen und Aktionen der transnational vernetzten Zivilgesellschaft (Weltgemeinschaft) um Übereinstimmung, Vereinigung und Verantwortung.
Die Sorge gründet sich auf den partikularen Bemühungen und Praktiken der Machthaber, Machtgruppen und Machtmenschen in der Weltgemeinschaft um ihre eigene Machterhaltung, Machtentfaltung und Machtmißbrauch. Die politischen und kontrasozialen Ereignisse der vergangenen Jahre bestätigen und bestärken diese Sorge. Wenn weiterhin die Weltmächte, vornehmlich die Westmächte, partikulare Weltpolitik betreiben, d. h. die eigenen nationalen Machtinteressen gegen die politisch-sozialen Interessen der Weltgemeinschaft mit allen Mitteln, insbesondere mit den die Lebensgrundlagen der Menschheit gefährdenden bzw. zerstörenden Kriegen, durchzusetzen versuchen, definieren sie sich weniger moralisch als militärisch als Führungsmächte.
Wenn diese Weltmächte bei ihrer partikularen und ungerechten Weltpolitik ohne moralische Bezüge und sich zugleich mit dem „Krieg, um Frieden und Sicherheit zu schaffen“ rechtfertigen, führt diese Machtpolitik ohne Ethik und Menschlichkeit (inhumane Politik) zu schlimmen Folgen – von Inhumanität und Schandtaten in Afrika ganz abgesehen – wie in Vietnam, Korea, Afghanistan, Irak, Libyen und Syrien. So bringen sie immer mehr die Säulen der Moral- und Wertvorstellungen sowie der Moral- und Wertbindungen in der Weltgemeinschaft ins Wanken und gefährden die Lebensgrundlagen der Menschheit immer mehr.
Die Folge dieser inhumanen Machtpolitik: Eine umfassende Krise des Allgemeinen (Krise der Allgemeinheit, der Kollektive, der Institutionen); charakterologische Veränderungen in den Gesellschaften hinsichtlich der Ziele der sozio-ökonomischen Entwicklung; Massenelend, Migration bzw. Wanderung und Flucht; Charakterdeformationen bei den Menschen, und im Ergebnis der Zerfall der Weltgemeinschaft.
Die Staatenwelt braucht eine universale, entideologisierte Ordnung der Weltpolitik, die dazu führt, daß die Herrschaft des Rechts anstelle der Herrschaft der Gewalt Geltung findet und die globalen Interessen und Notwendigkeiten der Weltgemeinschaft, insbesondere im Bereich der Bevölkerungspolitik, Umweltpolitik, kollektive Sicherheitspolitik und die Sicherung des globalen Gleichgewichts, die zentrale Bedeutung bei Verhandlungen und Beschlüssen der Staatsführer erlangen.
Das Kredo soll hierbei heißen:
Die Kulturen, Gemeinschaften, Nationen, Staaten, sollen rechtschaffen bestimmt sein. Sie sollen zudem mit Weltethos – dem globalen Corpus ethischer Prinzipien, Wertvorstellungen – als konsistente Bezugsbasis für ihre Entscheidungen und Handlungen und die Lösung globaler Probleme überspannt sein.
Jeder Staat soll seine eigenen Ressourcen (vorhandener Bestand an natürlichem, kulturellem, traditionellem, sozialem, ökonomischem Potential) zur Erreichung seiner eigenen Entwicklung und Notwendigkeiten nutzen und hierbei von der Weltgemeinschaft unterstützt werden.
Die Praktiken der NATO-Staaten, insbesondere seit den 1990er Jahren, laufen oben erwähntem Kredo indes zuwider.
Mit dem Beginn der Wandlungsphase der NATO (die sechste Phase 1991) und der Schaffung des NATO-Kooperationsrats (NACC) engagierte sich die NATO unter Führung der USA, meist ohne Mandat, unter Bezug auf „die Gewährleistung von Sicherheit in Europa“ in internationalen Konflikten, auch außerhalb des Bündnisgebietes (ab 1998 Bosnienkrieg / Kosovokonflikt / nach dem 11. September 2001 Krieg in Afghanistan / Irak-Krieg / Libyen-Krieg), und leitete somit eine Entwicklung der NATO zu einer umfassenden multifunktionalen Sicherheitsstelle ein.
Diese Nato-Einsätze wurden mit „Gewährleistung von Sicherheit in Europa“ begründet, obwohl bei all diesen Einsätzen, faktisch die geopolitischen Interessen der NATO im Vordergrund standen.
Außer diesen Motivtäuschungen wurden die Einsätze durchgeführt, ungeachtet der Einschätzung der Ressourcen der jeweiligen Staaten, und ungeachtet der Nutzung dieser Ressourcen zur Schaffung einer geeigneten Infrastruktur und Strategie für die von der NATO in den jeweiligen Staaten beabsichtigten außenpolitischen Einsätze.
Operieren bloß mit militärischer Gewalt, ohne Sachverstand und Empathie in Bezug auf Wertevorstellungen anderer Kulturen und Grad der Annehmbarkeit westlicher Art des Lebens für andere Kulturen.
Die Folgen:
Totales Scheitern und hoher Verlust an Menschen und Material bei allen Einsätzen der NATO, und dies zeugt von Dysfunktionalität und Verantwortungsdiffusion bei der NATO.
(08.09.2021)
Über das richtige Leben
Mehdi Tohidipur
Die Zentralideen der Lehre vom richtigen Leben sind die Autonomie und das Glück der individuellen Existenz.
Die Autonomie bezeichnet die ethische Selbstverpflichtung (Selbstbestimmung) aus eigener Vernunft und Kraft.
Als Vernunftwesen hat der Mensch einen besonders beschaffenen, sittlich guten Willen und dazu Willensfreiheit, wodurch er die äußere und fremde Nötigung und die Abhängigkeit von anderen und Fremdherrschaft in eigener Sache (Heteronomie) überwinden kann (Kant).
Das Glück als ein innerer wohltuender Zustand des Menschen (Glückseligkeit), hängt von der eigenen Glücksfähigkeit des jeweiligen Menschen ab, welche wiederum aber den Persönlichkeitswerten des Betreffenden zuzurechnen ist. Denn der Grad der Glückseligkeit hängt von der Höhe der Einschätzung vom Wert des Lebens und die Erkennung der ethischen Werte als solche vom jeweiligen Menschen ab.
Das individuell richtige Leben ist nicht bloß eine Frage des Gelingens von privaten Verhältnissen, und nicht allein der Kontingenz, von dem das individuelle Gelingen abhängt, sondern vielmehr eine Frage des kulturellen Zustandes der jeweiligen Gesellschaft, durch die vorentschieden wird, ob und inwieweit jeder einzelne zu einem richtigen Leben gelangen kann. Jede Kultur gibt die Muster des Gelingens des Lebens in ihr vor, auf die sich jeder einzelne, der ein gelingendes Leben haben will, zu beziehen hat.
Begründet auf diesen Zusammenhang, ist der Zustand einer Kultur bestimmend für das Gelingen des individuellen Daseins, und für die Vorgabe von Mustern des richtigen Lebens. Wobei hier als Grundsatz gilt, daß es „kein richtiges Leben im falschen gibt“ (Adorno).
Theodor W. Adorno beschäftigten in seinen sozialphilosophischen Werken, insbesondere: „Minima Moralia“, „Dialektik der Aufklärung“, „Studien zum autoritären Charakter“ und „Negative Dialektik“, zwei Themen ganz besonders:
Erstens das Schicksal der Individualität des Einzelnen, seine personale Einmaligkeit, die unter den Bedingungen moderner westlich-kapitalistischen Massengesellschaften und den Vorgaben demokratischer Gleichheit und, Adorno zufolge, am deutlichsten in der Vorherrschaft des alles nivellierenden Tauschprinzips, immer mehr verloren geht. Wodurch das Humane, d.h. etwas Eigenes zu sein, unter dem Zwang zur gesellschaftlichen Anpassung, ökonomisch oder politisch „verwertbar“ zu sein, degeneriert und so der Einzelne immer mehr von seiner Individualität aufgeben muss. In diesem Milieu bürgerlich-kapitalistischer Gesellschaft herrscht ein Menschenbild vor, daß den Menschen als sich selbst optimierende Ressource versteht (vgl. hierzu M. Tohidipur: „Politische Ökonomie des Bildungswesens“), und dies in einer Gesellschaft, die insgesamt dem Ökonomismus untergeordnet, und der Imperativ der Kapitalverwertung tief im Bewußtsein der einzelnen Menschen verankert ist.
Diese Verinnerlichung des Imperativs des Kapitals in den Individuen führt zur Umdeutung deren Bewusstseinsbegriffe: Selbstverlust zur Freiheit; Selbstausbeutung zur Selbstverwirklichung – und in diesem Zusammenhang geht der Mensch eigenverantwortlich im Streben nach Akkumulationsoptimierung auf, nach der Parole: „Wir sind Kapital“.
Zweitens die Ambivalenz europäisch geprägter Rationalität und die Frage der im Gefolge der Aufklärung entfesselten Wissenschaften, die sich am Ende schließlich gegen den Menschen selbst, seine Würde und seine Freiheit wenden, indem sie sich in den Dienst von ökonomischer wie politischer Macht gestellt haben – eine nach Adorno und Horkheimer tiefgreifende „Dialektik der Aufklärung“.
Adorno und Horkheimer und den jüngeren Vertretern der Kritischen Theorie der Gesellschaft zufolge, könnten zwei eng mit der Aufklärung
verbundene Theorien, das Selbstverständnis westlicher Zivilisation grundlegend verändern und das westlich überlieferte Bild vom Menschen zerstören und die Grundlagen westlich-ziviler
Ordnung und der politischen Idee der Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie untergraben:
Zum einen das naturalistische Welt- und Menschenbild, das die Natur als das allein Seiende und Allumfassende und nur das „Natürliche“, d.h. das naturwissenschaftlich Erkennbare und im Alltag Erfahrbare als das Wirkliche betrachtet (der ontologische Naturalismus); und den Geist und die geistigen Schöpfungen in den Begriff „Natur“ miteinbezieht. Vor diesem Hintergrund verlangt der Naturalismus im Ethischen, Weltanschaulichen, Sittlichen, Sozialen, Ästhetischen, eine nicht-idealisierte, naturgetreue, naturgemäße Denk- und Lebenshaltung. Was die Naturalisierung des Denkens, Erkennens (Evolutionäre Erkenntnistheorie) und Handelns (Evolutionäre Ethik) zur Folge hat. So missachtet die monotheistische Spielart des Naturalismus das Übernatürliche wie Übersinnliche und spricht der Religion die Wahrheitsfähigkeit ab.
Zum anderen die utilitaristische Denkweise (Utilitarismus), die das Kriterium der Nützlichkeit als der einzige Maßstab des moralisch Richtigen betrachtet. Hierbei werden die Handlungen nicht aus sich heraus, sondern danach beurteilt, welche Folgewirkungen sie haben. Und der Maßstab der Folgewirkungen ist ihr Nutzen, und zwar für das in sich Gute.
Als in sich Gut und höchster Wert gilt die Erfüllung der menschlichen Interessen und Bedürfnisse als das Glück. Wobei es hier nicht um Selbstinteressen der individuellen Existenz geht, sondern um das allgemeine Wohlergehen, das Gesamtwohl der Gesellschaft (Wohlstandsgesellschaft), ungeachtet des Eigenwohls des Einzelnen, und so löst sich das Individualinteresse im Kollektivinteresse und somit die Autonomie und das Glück der individuellen Existenz im Kollektivbewusstsein und Kollektivwohlstand auf.
Neben dieser Problematik besteht in bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaften ein weiteres, seit ihrer Entstehung herrschendes politisch-soziales Hauptproblem, nämlich – trotz der ernsten Bemühungen der politischen Herrschaften im Westen bei der Fortentwicklung der Demokratisierung der politischen Ordnung, auch um die Demokratisierung der Wirtschaft – das Problem des Verbleibs der Wirklichkeit der Sicherung der Elemente der autoritären Herrschaft des europäischem Absolutismus im Bereich der Wirtschaft, welche ihre despotisch-autoritäre Ordnung und Haltung, ohne eigene Legitimation, fortwährend über die Legitimation der jeweiligen demokratischen Herrschaft, auf der Basis des geltenden Rechts, erfolgreich legalisiert.
(03.April 2021)
Über die Verwandlung der Ethik und die Relativierung der Werte
Mehdi Tohidipur
Die Verwandlung der Ethik
In unserer Neuzeit, insbesondere in den westlich-pluralistischen Ländern der Welt, findet eine radikale, selbstgerechte Verwandlung von der Werteethik in eine Zweckethik statt. Hierbei liegt dem Wunsch nach Gutem nicht das Notwendige, das Richtige, sondern das Nutzbare, das Nutzbringende zugrunde. So wird das Wesen der Ethik von Verantwortung und Verpflichtung in Erfolgsorientierung und Nutznießung umgewandelt. Obwohl sich der Mensch nicht durch Leistung und Erfolg, sondern durch die Würde definiert.
Wertethik: die Begründung von Werten im Leben und Handeln der Menschen, wobei die Vorstellung einer Verantwortung, Verpflichtung (Pflichtmotiv) als bestimmender Faktor um Wohlleben und Selbstverwirklichung gilt.
Zweckethik: die Begründung von Nutzen im Leben und Handeln der Menschen, wobei die Vorstellung eines Erfolges bzw. Nutzens (Handlungsmotiv) als bestimmender Faktor gilt.
Aufgrund dieser Verwandlung der Ethik denken manche selbsternannte und weniger bedachte Religionskritiker, daß die Religion, deren Wesensgehalt die Werteethik der universellen und ewigen Geltungskraft von heiligen Schriften als eine göttliche Offenbarung zugrunde liegt, und so als globale Werteordnung gilt, in der Perspektive der Zeit einer Umwandlung ihrer Wertethik in eine zeitgemäße Zweckethik unterzogen werden kann, ohne hierbei zu bedenken, daß bei einer solchen Umwandlung die Religion ihren Wesensgehalt als werteschaffende Globalordnung und damit ihre Legitimation verliert.
Eine Religion als offenbarte Botschaft Gottes an die Weltgemeinschaft kann aber ungeachtet der geistigen, gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen und Veränderungen der Weltgemeinschaft, ihr kompatibel, ohne Substanzverlust, neu interpretiert werden.
Die Relativierung der Werte
Der Wert ist in ethischer Hinsicht ein besonderer Aspekt der Subjekt-Objekt-Beziehung, in der sich die Bedeutung von Objekten (Ereignissen, Prozessen, Eigenschaften, Idealen, Leitbildern, Prinzipien, geistigen Gütern, gesellschaftlichen Verhältnissen) für das Leben der Menschen und deren soziale Verhältnisse (Subjekte) ausdrückt.
Der Wert bezeichnet hier ein Beurteilungskriterium und Beurteilungsprinzip des Handelns und der Entscheidung, in einer konkreten Handlungssituation. Die Werte gewinnen nur in der Handlung, und im Glauben des Handelnden an ihre Geltung, die Realität. Hinsichtlich der Gültigkeit von Werten wird differenziert zwischen den absoluten Werten (universalen, objektiven) und den relativen Werten (subjektiven).
Erstere haben unbedingte Geltung; letztere nur in Bezug auf die ihnen zugrundeliegenden absoluten Werten, und die zu bewertende konkrete Handlung oder Entscheidung.
Nach der Wertphilosophie des 19. U. 20. Jh. gelten die Lust- oder Dienstwerte als niedrigste Werte und die religiösen Werte als höchste Werte. Die Werte existieren an sich, unabhängig von menschlichen Wertungen (apriorisch), und bilden als besondere Fühlakte eine Rangordnung, in der die Human-Werte den unbedingten Vorrang vor den Material-Werten haben.
Nach Max Scheler gliedert sich „das Reich der Werte“ in vier Klassen:
· Werte des sinnlichen Fühlens
· Werte des vitalen Fühlens
· Werte des geistigen Fühlens
· Werte des religiösen Fühlens
Die Rangordnung der Werte und der Fühlakte bilden, nach Scheler, den „ordo amoris“ eines Menschen als „ens amans“ (liebendes Wesen). Max Scheler sieht hier das Wesen des Menschen primär in der Liebe.
In der westlich-pluralistischen Gesellschaft und Politik herrscht die Tendenz, auf verbindliche Werte und Normen mehr und mehr zu verzichten und durch die Schaffung der Rechte, den Freiheitsgrenzschwund, die Relativierung der Werte und Verantwortlichkeit und hierdurch die Permissivität zu fördern. Das Recht lässt sich hiernach eher als ein funktionaler Ersatz von Werteordnung, Moral und Ethik verstehen.
Die Autonomie (die ethische Selbstbestimmung aus eigener Vernunft), die im moralisch-ethischen Bereich aus einem Stück besteht, tritt im rechtlichen Bereich nur in der doppelten Gestalt von privater und öffentlicher Autonomie auf.
So ermöglichen sich die subjektiven Handlungsfreiheiten des Privatrechtssubjekts (natürliche oder juristische Person) und die öffentliche Autonomie des Staatsbürgers wechselseitig.
Das Recht legitimiert sich auf diese Weise als Mittel zur gleichmäßigen Sicherung privater und öffentlicher Autonomie.
Der Grund bei alldem liegt darin, dass die westlich-pluralistische Gesellschaftsordnung von Rechten her gedacht ist. Hiernach wird jede Freiheitsbeschränkung oder Pflichtenauferlegung rechtfertigungsbedürftig. Was aufgrund der wachsenden Pluralität in der westlichen Gesellschaft und hiernach dem Freiheitsgrenzschwund mit der Relativierung der Werte und der Verantwortlichkeit durch Schaffung der Rechte, ordnungsrechtlich immer weniger durchführbar wird.
Die Betonung der Idee des Rechts, welche die Idee der Pflichten und der Verantwortung marginalisiert, und der Nachdruck auf den Buchstaben des Gesetzes, kann am Ende Immoralität und Glaubensverlust fördern. Denn die Menschen glauben dann, die bloße Befolgung von Recht und Gesetz sei ausreichend und alleinselig und sie müssen sich in ihrem Denken und Handeln sonst keine moralischen Prinzipien unterordnen. So kann die Kultur der Rechte (Recht vor Werten) die Werte untergraben.
Das Kredo soll hier heißen:
Die Kulturen, Gemeinschaften, Nationen, Staaten, sollen rechtschaffen bestimmt sein. Sie sollen zudem mit Weltethos – dem globalen Corpus ethischer Prinzipien, Wertvorstellungen –, als konsistente Bezugsbasis für ihre Entscheidungen und Handlungen und die Lösung globaler Probleme, überspannt sein.
(03. April 2021)
Gemeinschaft und Gemeinschaftlichkeit
Mehdi Tohidipur
Die Säule einer jeden Gemeinschaft ist der Gemeinsinn.
Der Gemeinsinn impliziert Verantwortung in Verbindung mit Empathie.
In der politisch-sozialen Verantwortung soll Gemeinwille – das Soziale –, nicht der Eigennutz – das Private – verwirklicht werden. In der Sozial- und Rechtsordnung einer Gemeinschaft darf nicht das Private vor dem Sozialen vorangelten.
Das Soziale soll hierbei als Orientierungsgrundlage für die private Lebenshaltung gelten. Die Praxis – private, soziale, öffentliche – innerhalb einer Sozial- und Rechtsordnung muß in völliger Übereinstimmung mit den Implikationen derer Grundordnung sein: Adäquatheit, Dialektik.
Die Relativierung der Werte, Verantwortung und Pflichten durch Schaffung der Rechte, führen zu Permissivität und Amoralität und den Verfall des sozialen Zusammenhalts in der Gemeinschaft.
Sinn ▪ Eigensinn
In der privaten, sozialen und öffentlichen Lebenspraxis soll man stets den Sinn (der betreffenden Sache), nicht aber den Eigensinn (die verinnerlichte, vorgefasste Meinung) suchen.
Der Sinn
Die Religion bestimmt, was der Mensch wollen soll.
Dieses „was“ gilt als die Lebens- und Handlungsgrundlagen der Menschen, bestehend aus den Botschaften Gottes, daher sind sie dem Gehalt nach gut.
Die Ethik bestimmt wie der Mensch wollen soll. Wobei dieses „wie“ aus Denken, Reden und Handeln der Menschen besteht, welche dem Gehalt nach nur gut (recht) sein sollen.
Diese Gehalte bilden den Sinn des Glaubens, Denkens, Redens und Handelns des Menschen. Dies gilt nicht nur bei der Religion und Ethik, sondern bei allen Lebenshandlungen, Kommunikation und Interaktion der Menschen. So soll man bei alldem stets Sinn und nicht Eigensinn suchen.
Grund ▪ Auslöser
Zur guten Überwindung bzw. Bewältigung der Krisen muß man zwischen Grund (die eigentliche Wurzel, aus der das Krisenpotential gewachsen ist) und Auslöser (ein Verhalten, eine Bemerkung, eine Meinungsäußerung u.ä., als Reiz der eine bestimmte, nicht vom Willen, sondern vom Unterbewusstsein gesteuerte Reaktion auslöst) der Krisen unterscheiden.
Die meisten Krisen, seien es private, soziale oder öffentliche Krisen – Beziehungskrisen der Menschen, Familienkrisen, zwischenmenschliche Krisen bis hin zu Staatskrisen, beruhen auf dieser Nicht-Unterscheidung von Grund und Auslöser.
Trennung ▪ Differenzierung
Bei kommunikativ menschlichen (partnerschaftlichen, sozialen, politischen) Beziehungsstrukturen sind Elemente – die Wahrnehmer der Beziehungen – und deren Kognitionen – die Meinungen, Überzeugungen, Wissenseinheiten, Glaubenseinheiten, Erfahrungen, Erlebnisse aber auch Vorurteile – und Entitäten – die hierbei zur Disposition gestellten Sachverhalte – wesentlich. Diese Beziehungen können positiv (balanciert) oder negativ (unbalanciert) verlaufen. Beim positiven Verlauf der Beziehungen kommen die Elemente der Beziehungen, in Bezug auf Kognition und deren Entitäten zur übereinstimmenden Ansicht. Beim negativen Verlauf der Beziehungen kommt es zum Meinungsstreit bzw. zur Kommunikationsstörung und daraus resultierenden Beziehungskrise.
Trennung
Jedem negativen Verlauf der Beziehung liegt in der Regel eine kognitive Trennung der zur Disposition stehenden Sachverhalte zugrunde. Diese Sachverhalte können Bezug haben auf eine Freundschaft, Partnerschaft, Lebensgemeinschaft, Familiengemeinschaft u.ä.
Die kognitive Trennung führt hierbei oft zur Störung, bis zur Auflösung der ihr zugrunde liegenden Gemeinsamkeit. Denn der Trennung liegt immer die Vorstellung der Unvereinbarkeit (Destruktivität) zugrunde. Demgegenüber liegt aber der Differenzierung die Vorstellung der Einheit in Verschiedenheit (Konstruktivität) zugrunde.
Um das Aufkommen der Auflösungen der Gemeinsamkeiten zu vermeiden, soll man die kreative Kraft der Differenz nutzen und dabei nicht das Trennende, sondern das Verbindende suchen, und somit den positiven Verlauf der Beziehungen erreichen.
Differenzierung
Bei der Differenzierung geht es im Allgemeinen um den Prozess der Teilung, Verselbständigung, Spezialisierung, Herausbildung ungleichartiger Gebilde aus einheitlich wahrnehmbaren Strukturen – und Auseinanderentwicklung der Teile eines Ganzen. Die Differenzierung ist ein Prinzip der biologischen Entwicklungslehre und der Individuation – die Sondierung eines Allgemeinen, einer Gegebenheit, in Besonderheiten (Individuum), als der Existenzgrund von Einzelwesen und deren Besonderheiten.
Der Begriff der Differenzierung steht, was das Prinzip der Individuation betrifft, in direkter Verbindung mit dem Begriff Entfaltung, als einem Prozess des sich auseinanderfaltendes Wesen eines Daseins.
Bei der Erziehung als Entwicklung wird in der Regel von einem jeweils, nach sozialen und politischen Interessen, gültigen Menschenbild ausgegangen, und so von außen auf die Entwicklung (Sowerden) des Menschen Einfluss genommen, ohne sein eigentümliches Sein, seine Natur, seine Begabung, seine Anlagen, seine Interessen in Betracht zu ziehen.
Der Mensch braucht, als soziales Wesen, neben der Vergesellschaftung auch die Neigung und Fähigkeit zu sozialen Beziehungen und Gemeinschaftsbildung (Soziabilität) durch Entwicklung.
Der Mensch braucht aber auch unbedingt als Individualwesen das Selbstbewusstsein, also die Fähigkeit zur Selbstverwirklichung (Individuation, Mandala) durch Selbstentfaltung (zur Geltung bringen von Begabung, Anlagen, Intuition, Interessen, Fähigkeiten).
Hiernach muss die Erziehung des Menschen einerseits die Förderung seiner Entwicklung zur Soziabilität, und andererseits die Unterstützung seiner Entfaltung zur Individuation sein.
Dies bedeutet, dass nur ein entfalteter und innerlich balancierter Mensch zur Differenzierung fähig ist.
Bei der Erziehung des Menschen als bloße Entwicklung (z.B. eines Charakters oder eines Glaubens) fehlt diese Fähigkeit. Zudem fehlen auch bei diesen nicht entfalteten Menschen (nach Kant: „unverschuldet“) die Fähigkeit zur Empathie und Toleranz, welche die in direkter Verbindung mit dem Begriff Differenzierung stehen.
Diese nichtentfalteten Menschen neigen, aufgrund ihrer bloßen Entwicklung (Erziehung), zur Trennung, d.h. die Auflösung oder die Aufhebung der wesentlichen Verbindungen, die Kluftbildung zwischen den einzelnen Erscheinungen und den Bereichen - und bei zwischenmenschlichen Beziehungen und Fragen, neigen sie zur singularistischen Verständnishaltung und eindimensionalem Denken und somit die Begehung des destruktiven Weges der Kommunikation und der Interaktion mit den anderen.
Hingegen geht der entfaltete und innerlich balancierte Mensch durch Differenzierung des konstruktiven Weges der Kommunikation und der Interaktion in dialogischer und vertraglicher (in Eintracht, respektierend) Absicht, bei pluralistischer Verständnishaltung auf Grundlage der Reziprozität (Wechselseitigkeit) mit den anderen.
Also:
Der gute Umgang mit Differenzen ist bei zwischenmenschlichen Beziehungen und Fragen nur durch Differenzierung möglich, d.h. durch das pluralistische Verständnis, auf Grundlage der Reziprozität und der Suche nach Verbindendem, nicht aber dem Trennenden.
Denn:
Differenzierung führt zu Versöhnung und Verständigung
Trennung führt zu Enttäuschung und Abwehrhaltung
Ich nenne diesen Gang der Problem-, Krisen-, und Konfliktbewältigung:
Der mittlere Weg:
Der konstruktive Weg der Differenzierung in dialogischer und vertraglicher Kommunikation und Interaktion mit den anderen, auf Grundlage der Reziprozität und der Suche nach Verbindendem, nicht aber dem Trennenden.
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Pluralismus
Die Anschauung, nach der die Wirklichkeit als Vielfalt aus vielen gleichberechtigten, selbständigen Prinzipien besteht.
Singularismus
Die Anschauung nach der die Wirklichkeit als Einheit angesehen wird, deren Teile nur scheinbar selbständig sind.
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(31.Januar.2021)
Hintergründe der Weltgemeinschaftskrise, der Verteilungsungerechtigkeit, der globalen Migration bzw. Wanderung und Flucht
Mehdi Tohidipur
Seit den beiden Weltkriegen ist die Menschheit, und deren Kulturwelt, Lebenswelt, Arbeitswelt, politische und soziale Ordnungswelt, in einem Wandel der Weltkonstellation und Paradigmenwechsel (Wechsel vom gemeinsamen Leitbild) von der Moderne zur Postmoderne begriffen.
Die postmoderne Weltkonstellation ist gekennzeichnet wie folgt:
Geopolitisch ist sie eine polyzentrische Konstellation, geführt von den USA, Rußland, China und einigen westlichen Mitgliedstaaten der EU, darunter der BRD.
Ökonomisch ist sie eine postkapitalistische und postsozialistische Ökonomie, die sich von der sozialen Marktwirtschaft allmählich zur neoliberalen Ökonomie entwickelt hat.
Kulturpolitisch entwickelt sie sich (langsam aber sicher) als postideologische und postkonfessionelle Kultur zur plural ausgerichteten und ökumenischen Kultur.
Diese in Umrissen dargestellte Befindlichkeit der Weltkonstellation erweckt sowohl Hoffnung als auch Sorge.
Die Hoffnung kommt durch weltweite Bemühungen und Aktionen der Bürger der Weltgemeinschaft um Übereinstimmung, Vereinigung und Verantwortung.
Die Sorge gründet sich auf den partikularen Bemühungen und Praktiken der Machthaber, Machtgruppen und Machtmenschen in der Weltgemeinschaft um ihre eigene Machterhaltung, Machtentfaltung und Machtmißbrauch.
Die politischen und kontrasozialen Ereignisse der vergangenen Jahre bestätigen und bestärken diese Sorge.
Doch was ist das Problem?
Wenn mit der Klima-Frage weiterhin so wie bisher umgegangen wird und so die Erdtemperatur so weiter steigt, müssen wir damit rechnen, daß viele Großstädte der Welt, sogar größere Gebiete wie die Golfstaaten, unbewohnbar werden. Es drohen in vielen Gebieten der Erde Missernten und damit verbunden Armut und Hungersnot. Und die Folge: globale Migration bzw. Wanderung und Flucht.
Und
Wenn weiterhin privat und öffentlich die Ökonomie ohne Menschlichkeit und die Verteilung ohne Gerechtigkeit herrscht, wird die Schere zwischen den Armen und den Reichen immer größer. Prekäre Lebensverhältnisse werden zum Regelfall. Als Folge gestalten sich die Gemeinschaften fortwährend in Differenzierungsgesellschaften um, deren Mitglieder sich permanent auf- oder abwerten, wodurch das Leben zur Selbstdarstellung wird. Dies führt zur Polarisierung der Beziehungen und Überzeugungen und zur sozialen Destabilisierung.
Und
Wenn weiterhin die Weltmächte, vornehmlich die Westmächte, partikulare Weltpolitik betreiben, d.h. die eigenen nationalen Machtinteressen gegen die politisch-sozialen Interessen der Weltgemeinschaft, mit allen Mitteln und insbesondere mit den die Lebensgrundlagen der Menschheit gefährdenden bzw. zerstörenden Kriegen, durchzusetzen versuchen, definieren sie sich weniger moralisch als militärisch als Führungsmächte. Wenn diese Weltmächte bei ihrer partikularen und ungerechten Weltpolitik ohne moralische Bezüge auskommen und sich zugleich mit dem „Krieg um Frieden und Sicherheit zu schaffen“ rechtfertigen, führt diese Machtpolitik ohne Ethik und Menschlichkeit (inhumane Politik) zu schlimmen Folgen – von Inhumanität und Schandtaten in Afrika ganz abgesehen – wie in Vietnam, Korea, Afghanistan, Irak, Libyen und Syrien. So bringen sie immer mehr die Säulen der Moral- und Wertvorstellungen und der Moral- und Wertbindungen in der Weltgemeinschaft ins Wanken und gefährden immer mehr die Lebensgrundlage der Menschheit.
Und die Folge: eine umfassende Krise des Allgemeinen (Krise der Allgemeinheit, der Kollektive, der Institutionen) – charakterologische Veränderungen in den Gesellschaften hinsichtlich der Ziele der sozio-ökonomischen Entwicklung – Massenelend, Migration bzw. Wanderung und Flucht –Charakterdeformationen bei den Menschen.
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Herausforderung und Notwendigkeit
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Herausforderung
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Globalisierung:
Partikulare Weltpolitik:
Differenzierungsgesellschaft:
Klimawandel:
Führt zu:
Zerfall der Weltgemeinschaft:
Notwendigkeit
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Die Nachhaltigkeitspolitik:
Die universale Weltpolitik:
(11. März 2018)
XII. Quo vadis Europa?? Wider die feindlich-destruktive Politik und deren Logik des Kampfes
XI. Es ist Zeit, der Hybridität zu entsagen !! Von Weltspaltungspolitik zur Welterhaltungspolitik
X. Die Unabhängigkeit. Absolute oder Relative?!
IX. Über die Vorgehensweise des Staates gegen die "Letzte Generation"
VII. Über die richtige Diplomatie. Eine Reflexion aufgrund des Rußland-Ukraine-Konflikts (2022)
IV. Über das richtige Leben (2021)
III. Über die Verwandlung der Ethik und die Relativierung der Werte (2021)
II. Gemeinschaft und Gemeinschaftlichkeit (2021)
XII.
Quo vadis Europa??
Wider die feindlich-destruktive Politik und deren Logik des Kampfes.
Mehdi Tohidipur
Weder der Krieg in der Ukraine ist „die größte Gefahr für Europas Sicherheit“ (E. Macron), noch sei es im politisch-ökonomischen Interesse des Ostens begründet, noch seien seitens des Ostens die europäischen Staaten gefährdet.
Die Staatsführungen sowohl des Nahen, als auch des Fernen Ostens seien primär bemüht um Stabilisierung ihrer innenpolitischen, ökonomischen und sozialen, aber auch wissenschaftlich-technischen Lage, und hierfür um konstruktive Teilhabe an internationalen Beziehungen, sowie um die Sicherung der Grenzen ihrer Herrschaftsgebiete.
Darüber hinaus haben sie – aufgrund der vorhandenen Kräfteverhältnisse – kein Interesse an der Erweiterung ihrer – ohnehin jeweils schon die größten der Welt – Herrschaftsgebiete.
Die gegenwärtige krisenhafte politische, ökonomische, soziale Lage in Europa, und die gespannte Lage der Internationalen Beziehungen, sowie das Dilemma des Ukrainekrieges, seien begründet in der destruktiv-hybriden Politik der NATO, mit ihrem Prinzip der Logik des Kampfes, nämlich: Die Verweigerung der NATO, vor einer Aufnahme von Ukraine als Mitglied, hinsichtlich der Grenzsicherung von Russland, die hierzu wesentlichen Abmachungen mit der Russischen Föderation zu treffen.
Die Vorgehensweise der europäischen Staaten, im Rahmen der NATO-Bündnispolitik, unter Führung der USA, nach dem Prinzip der Logik des Kampfes – ohne sachgerechte Planung und Strategie – ist wie alle bisherigen NATO-Einsätze zum Scheitern programmiert.
Europas Staatsführungen sollten sich auf ihre historischen und politisch-sozialen Erfahrungen rückbesinnen, daß jegliche feindlich-destruktive politische Planung und Handlung, nach der Logik des Kampfes, nur Verlust und Elend mit sich bringt, keinesfalls aber Erfolg und Sicherheit.
Nur konstruktiv-sachgerechte politische Planung und Handlung bei Pflege der Internationalen Beziehungen, nach der Logik des Dialoges, verspricht Erfolg und Sicherheit.
Die Sicherung einer Zukunft der Welt in Frieden und Gerechtigkeit, sowie die Behebung konkreter Nöte und Elend, verlangen Planung und Handlung nach der Logik des Dialoges, das heißt den Dialog mit Andersdenkenden, Andersherrschenden und Anderslebenden, zur Zusammenarbeit.
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Der Dialog
Der Dialog ist mehr als bloßes Miteinander-Reden.
Der Dialog ist das Handeln im Geiste der Sache.
Dialogführer müssen:
· Gut denken: Weisheit.
· Gut reden: Redlichkeit.
· Gut Handeln: Gerechtigkeit.
Dialog setzt voraus:
· Ernstnehmen des Anderen.
· Voneinander lernen wollen.
· Erkenntnis der Geschichtlichkeit der Wahrheit: Zeitlosen „Besitz“ der Wahrheit gibt es nicht.
· Eine Aussage muß im logischen Zusammenhang mit anderen Aussagen stehen, und einen Bezug zu dem Kontext des Dialoges haben.
(27.04.2024)
Es ist Zeit, der Hybridität zu entsagen!!
Von
Weltspaltungspolitik
zur
Welterhaltungspolitik
Mehdi Tohidipur
Der Auftritt des Westens auf die Bühne der Weltgeschichte, mit der Herrschaft der Römer und Griechen, geschah schon mit hybridem Regierungsstil, jener vermessene Stil der Herrschaft, der weltspaltenden Erfolgs- und Gesinnungsethik, mithin die weltweite Schaffung von Feindbildern und Hervorrufung von Konflikten und, in der Folge, Radikalisierung und Inhumanisierung der Weltgemeinschaft.
Dieser Zustand herrscht sowohl im Osten als auch im Westen, heute noch.
Im Osten:
Der präventive Regierungsstil
Ein durch vorbeugende, zuvorkommende (einem vermuteten Angriff des Gegners zuvorkommende → auch durch einen Angriffskrieg!!), verhütende Maßnahmen gekennzeichneter Regierungsstil mit der immerwährenden Entschlossenheit, die Risiken rechtzeitig zu erkennen und sie auszuschalten.
Die Infrastruktur für optimales Funktionieren des präventiven Regierungsstils ist zwingend der Ausbau von Geheimdienst, und Kontrollsystem in allen Bereichen der Regierungstätigkeit sowie ein schlagkräftiges Militärsystem, welche als Nebeneffekt zur Entwicklung von Oligarchie und Korruption führen.
Im Westen:
Der hybride Regierungsstil
Ein vermessener Regierungsstil, voller Selbstgefälligkeit (von sich überzeugt), Selbstherrlichkeit (sich in seinen Entscheidungen und Handlungen, aufgrund ihrer Machtvollkommenheit, mit völliger Selbstverständlichkeit über andere hinwegsetzend), Selbstgerechtigkeit (von eigener Unfehlbarkeit überzeugt), welcher aufgrund dieser radikalen Eigenschaften des hybriden Regierungsstils, grundsätzlich zu radikalen innen- und außenpolitischen Zuständen führt.
Einen neuen Stand bekam der westliche Regierungsstil nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Aufstieg der USA zur Weltmacht und Führungsmacht des Westens und mithin die Prägung der westlichen Regierungen durch die Einstellungen der US-Philosophie des Pragmatismus (im Handeln drückt der Mensch sein Wesen aus, auch von Wert und Unwert seines Denkens.), und der aus deren Geist geborenen, unheilvollen Idee vom „Kampf der Kulturen“ (S.P. Huntington, 1996), mit deren von Erfolgs- und Gesinnungsethik besetzten, weltspaltenden, Feindbilder und Konflikte schaffenden Philosophie.
Dies bedeutet, daß allen Ost-West Konflikten und Krisen, wesentlich, der Regierungsstil der westlichen Staaten zugrunde liegt, nicht aber die Regierungsform der Demokratie oder der Autokratie.
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Die Demokratie ist eine Herrschaftsform mit Bezug auf Belange des Volkes.
Die Autokratie ist eine Herrschaftsform mit Bezug auf Interessen der Herrschaft.
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Sowohl die Demokratie als auch die Autokratie sind Formen der Herrschaft, welche zu ihrer Verwirklichung einer entsprechenden, wesentlichen (materiellen) Ordnung (Gehalt, Verfassung) bedürfen.
Die Ordnung bzw. Verfassung jedes Herrschaftssystems, um effektiv und optimal zu sein, muß dem ethischen, kulturellen, traditionellen, sozialen, ökonomischen Bedarfsstand der jeweiligen Staatsgemeinschaft entsprechen und in ihr verwirklichbar sein.
Hiernach ist der Gehalt der Ordnung maßgebend für die Erkennung der Bezugsrichtung der Herrschaft und nicht die bloße Form der Herrschaft.
Die Verfassungen der westlichen Staaten sind die Früchte der Bewegung des revolutionären Bürgertums im 18. Jahrhundert, der Staatsphilosophie der Aufklärung, der sozialen und politischen Bewegungen der Volksmassen, um ihre Träume und ihre Hoffnungen, ihre philosophisch legitimierte Freiheit und Gleichheit auch im politisch-rechtlichen Raum zu entfalten.
Die westlichen Verfassungen entstanden vor allem im Kampf gegen die Hybridität der bestehenden Herrschaft ihrer Zeit. Demnach legitimiert keine geltende westliche Verfassung, einen wenn auch als Form demokratisch bemäntelten, hybriden Regierungsstil!!
Offenbar schätzen die Führer der westlichen Staaten diese wesentliche Frage nicht im vollen Umfang ein.
Ein hybrider Regierungsstil ist außer weltspaltender und konfliktschürender Wirkung, zudem, nach der Verfassungsordnung aller westlichen Staaten, nicht verfassungsmäßig.
Dennoch:
Die NATO, unter Führung der USA, samt ihren Mitgliedsstaaten regieren nach dem hybriden Regierungsstil und betreiben weiterhin Innen- und Außenpolitik nach der weltspaltenden und von Erfolgs- und Gesinnungsethik besetzten Philosophie des Pragmatismus und der Huntington’schen Idee vom „Kampf der Kulturen“.
Das zur gleichen Zeit, wie die Huntington’sche Idee, verkündete, Weltgemeinschaft verbindende, verantwortungsethikorientierte und vor allem demokratiegemäße „Projekt Weltethos“ von H. Küng (1990), wurde hingegen, bis heute, von westlichen Staaten in Innen-, Außen- und Kulturpolitik völlig außer Acht gelassen.
(25.08.2023)
Die Unabhängigkeit
Absolute oder Relative?!
Mehdi Tohidipur
Das Absolute führt bei Menschen zur Beliebigkeit bis hin zum Absolutismus.
Die gewährten Unabhängigkeiten in der Demokratie, von der Unabhängigkeit der Richter, der Hochschullehrer und Schullehrer, der gewählten Vertreter des Volkes, der Presse und Medien, bis zu Laienrichtern, sind keine absoluten Unabhängigkeiten, sondern sämtlich an Grundsätze gebundene relative Unabhängigkeiten.
Die richterliche Unabhängigkeit ist gebunden an die Normen der Verfassung und des geltenden Rechts (de lege lata) des jeweiligen Staates.
Die Unabhängigkeit der Hochschul- und Schullehrer ist gebunden an die Normen der Verfassung und des geltenden Rechts des jeweiligen Staates, und an Grundsätze der fachlichen Gültigkeit, Wahrheit, Sachlichkeit, pädagogischen Wertigkeit, Unparteilichkeit.
Die Unabhängigkeit der gewählten Vertreter des Volkes ist gebunden an die Normen der Verfassung und des geltenden Rechts des jeweiligen Staates, und deren persönlich-ethische Integrität.
Die Unabhängigkeit der Presse und der Medien ist gebunden an die Normen der Verfassung und des geltenden Rechts des jeweiligen Staates, und an Grundsätze der Wahrheit, Sachlichkeit, Unparteilichkeit.
(07.08.2023)
Über die Vorgehensweise des Staates gegen die Bewegung der „Letzten Generation“
Mehdi Tohidipur
Einem Staat wie der BRD, welcher fortwährend auf allen politischen Bühnen der Welt als Lehrmeister in Sachen Demokratie, Menschenrechte, sozialökologischer Umbau der Gesellschaft, auftritt, muß bewußt sein, daß der sozialökologische Umbau der jeweiligen Gesellschaft, folgende Wandelkomponenten voraussetzt:
· Soziale und kognitive Horizontwende
· Technologische Wende
· Energiewende
· Ökonomisch-ökologische Wende
und vor allem
· Politikwende
D. h. eine Politik, welche all diese Wandelkomponenten essentiell zu ihrer Agenda deklariert.
Die politische Bewegung der „Letzten Generation“ gehört zur als erstes oben genannten Wandelkomponente des sozialökologischen Umbaus der BRD – auch wenn sie in ihrer Praxis, als aktive Bürger – rechtlich unwissentlich (wegen der Frage des „unbestimmten Rechtsbegriffs“, welche die Grundrechte des GG beinhalten) – die Grenzen der Legalität überschreiten. Die Vorgehensweise des Staates gegen diese Bewegung überschreitet weitgehend die Grenzen des demokratischen Verfassungsrechts, und stellt vollends den Schmitt’schen Dezisionismus dar, d.h. die Relativierung der rechtlichen Normativität des Verfassungsgesetzes angesichts der vorausliegenden politischen Entscheidung des Verfassungsgebers, und damit die Abgrenzung des Begriffs des Politischen durch Kriterien von Sachgebieten wie ethischer, sozialer, sozialökologischer und kognitiver Horizontwende der Gesellschaft, insbesondere der kognitiven Horizontwende der jungen Generation des Volkes.
Das Geschehen legt den Widerspruch zwischen den realen sozialen Verhältnissen der Bundesrepublik und dem inhaltlichen Anspruch von Demokratie des Grundgesetzes offen.
(29.05.23)
Über das Recht zum Widerstand
Eine Reflexion aufgrund der Protestbewegung iranischer Frauen
Mehdi Tohidipur
Kommen wir auf die Welt, ausgestattet mit Rechten?
Den Menschen werden die Rechte verliehen, und zwar während der Kindheit (und darüber hinaus) mit dem Geltungsgrund der bedingungslosen Liebe und Wertschätzung der Eltern zu ihrem Kind, und nach Erlangen der Personalität und Sozialität durch seine ganze Lebensaktivität, auf der Grundlage seiner Entwicklung und Entfaltung in der Familie, sowie nach den Regeln der Rechtsordnung seiner Kulturgemeinschaft.
Das Recht in menschlicher Kulturgemeinschaft bezeichnet eine grundsätzliche, allgemeine Deklaration zur Ordnung, Regelung und Anleitung des privaten, sozialen, politischen Verhaltens und der Beziehungen der Menschen.
Das Recht konkretisiert sich in menschlichen Kulturgemeinschaften als Berechtigung (Anspruch, Befugnis, Anwartschaft) und die Berechtigung impliziert Anspruch in Verbindung mit Erfüllung von Etwas (von vorgegebenen Voraussetzungen, Kriterien) als Pflicht (als rechte Haltung bzw. rechte Leistung).
Den Geltungsgrund des Rechts im Rahmen der Rechtsordnung einer Kulturgemeinschaft bildet das objektive Recht (geltendes Recht) als Grundlage subjektiver Rechte (einklagbare individuelle Berechtigungen), welche die potentiellen Träger von Rechten und diese bedingten Pflichten bestimmen.
· Das Recht bedingt einer Pflicht.
· Kein Recht ohne Pflichtwahrung.
Beispielhaft hierfür sind die Deklarationen der Artikel 2 Abs. 1 und Artikel 5 GG in ihrer dialektischen Verbindung miteinander und der Verbindung mit Artikel 1 Abs. 1 und 2 GG hinsichtlich der Bedingtheit der Rechte von Pflichten.
Deshalb gründet sich auch die Lehre aller großen Religionen – Judentum, Christentum, Islam – auf Pflichtenlehre, woraus den Gläubigen die Anwartschaft auf Rechte (Gnade, Vergebung, Erlösung, Ewigkeit des Lebens) verliehen wird.
Auch die Rechtsordnungen der weltlichen Staaten, ob West oder Ost, sind grundsätzlich nach diesem Prinzip gestaltet.
Kein Recht ohne Erfüllung einer Pflicht.
Nur die heuchlerische Politik der westlichen Staaten tut so, als ob die Menschen mit subjektiven Rechten geboren werden, obwohl gerade in diesen Staaten die Bürger permanent ihre Anwartschaft auf Rechte erkämpfen mussten und müssen.
Die jüngste Protestbewegung der iranischen Frauen gründet sich, bedauerlicherweise, auf manipulative Deutungen des Rechts ohne Pflicht, nicht aber auf die zwischen den protestierenden iranischen Frauen und der Herrschaft des Landes bestehende eigentliche Problematik, nämlich „… das Tragen eines Schals gegenüber fremden Männern, um ihre Scham zu wahren, bis auf das, was davon sichtbar sein muß…“ (Koran: 24/31-33/59).
Hierbei wäre der geeignete Weg ein sachgemäßes Vorgehen gegen unrechtmäßige Handlungen der Sittenpolizei durch friedliche Demonstrationen und Manifestationen der betroffenen Frauen – auch unter Teilnahme ihrer Ehemänner – mit dem wirkungsvollen Slogan, daß ihnen, trotz voller Einhaltung der Sittengesetze (Koran: 24/31 und 33/59), die ihnen zustehende Anwartschaft auf Recht der freien Bewegung in der Öffentlichkeit – aufgrund unberechtigten Einschreitens der Sittenpolizei nicht gewährleistet wurde.
Nicht aber, wie es geschehen ist, durch Entschleierung und Verbrennung ihres Kopftuches und mithin dem Verstoß gegen das Sittengesetz (Koran: 24/31-33/59) den falschen Weg zu suchen und sich somit von der Position der Berechtigung und dem damit verbundenen Anspruch auf Rechte, in eine Position des Rechtsbruchs und dem damit verbundenen Verlust von Rechten und mithin in die Strafbarkeit zu begeben.
Jede Bewegung ist legitim, wenn Recht zu Unrecht wird – sie ist illegitim, wenn sie im Unrecht Rechte fordert.
Hiernach ist jede Bewegung als Widerstand legitim, wenn sie eine wertegeleitete Bewegung darstellt, das heißt, wenn eine Anwartschaft auf Recht besteht und dieses Recht zu Unrecht wird, dann ist der Widerstand Pflicht.
Die Iranerinnen und Iraner haben bedauerlicherweise – unter Einfluß der feindseligen Haltung der westlichen Politik und Medien und der antiiranischen Kräfte im Ausland – durch ihre Unart des Widerstandes, ihre Anwartschaft auf Recht vereitelt.
Die Solidarität der westlichen Welt ist keine Verbundenheit mit den Bewegungen im Osten, sondern für sie nur relevant, wenn es eine Bestätigung der sozialen und politischen Prozesse der westlichen Werterelativierung darstellt.
Die iranischen Frauen und Männer sind in der Tradition der Prinzipien Zarathustras:
· Gut denken
· Gut reden
· Gut handeln
und der Tradition der islamischen Pflichtenlehre:
aufgewachsen, welche als innere Grundeinstellung, deren Haltung bei Denken, Fühlen, Handeln, prägen sollen.
Diese wertegeleitete Tradition sollte auch stets ihre Lebensführung, also eine wertegeleitete Lebensführung bestimmen. Sie sollte daher nicht einer wertefreien Lebensführung (Werturteilsfreiheit) westlicher Prägung nacheifern.
(27.03.2023)
Über die richtige Diplomatie
Eine Reflexion aufgrund des Rußland-Ukraine-Konflikts
Mehdi Tohidipur
Im Allgemeinen sind alle politischen, insbesondere aber die außenpolitischen Konflikte und Krisen als Reaktionseinheiten zu werten.
Sie sind vergleichbar mit der Entstehung von Fieber als körperliche Abwehrleistung, welche oft mit Schüttelfrost verbunden ist.
Gegen steigendes Fieber und mithin Schüttelfrost verschreibt der Arzt, neben notwendigen Untersuchungen, fiebersenkende Arzneimittel (Antipyretika), nicht aber die Körpertemperatur steigernde Mittel, weil der Patient Schüttelfrost hat.
Das einzig geeignete krisen- und konfliktsenkende Mittel in der Außenpolitik ist eine Diplomatie auf der Basis des konstruktiven Wegs der Differenzierung in dialogischer und vertraglicher Kommunikation und Interaktion mit den anderen, auf Grundlage der Reziprozität und der Suche nach Verbindendem, nicht aber Trennendem (Druck, Drohung, Sanktionen). Hierzu mehr, siehe unter Stellungnahmen II.
Hierbei soll man nicht vollgepackt mit dem Eigenen (jemandem selbst gehörend, einer Sache, einem Ding zugehörend, als Einstellungen, Meinungen, Parteilichkeiten, Wünschen ...), sondern mit der strategischen Planung A und B, in Bezug auf das Eigentliche (wirklicher, tatsächlicher Zustand und Grund einer Sache oder Begebenheit), im Koffer, den Gesprächspartner aufsuchend.
Zur Realisierung der eigenen Intentionen bei jedem Gespräch, insbesondere aber bei diplomatischen Verhandlungen, darf man nicht mit Forderungen, sondern stets mit Erwartungen auftreten.
Die Erwartung impliziert Hoffnung und Zuversicht gegenüber dem Gesprächspartner, in Verbindung mit der würdigen Einschätzung des Gesprächspartners.
Die Forderung impliziert dagegen Feindseligkeit in Verbindung mit der überheblichen Entwürdigung des Gesprächspartners.
Die Erwartung darf nicht subtil die Elemente des Eigenen tragen, sondern ganz das Eigentliche in Betracht ziehen und darüber hinaus muss sie im Bereich des Möglichen des Gesprächspartners liegen.
Bei Nichtbeachtung dieser Grundsätze läuft jede Verhandlung ins Leere.
Für diplomatische Verhandlungen bedarf man politischer Reife und Erfahrung, zudem der Fähigkeit zu rationalen Interaktionen auf der Grundlage der implizierten Verantwortung und Empathie bzw. Reziprozität (Gegenseitigkeit).
All das, was im Rußland-Ukraine-Konflikt seitens der Nato geschieht, läuft dem zuwider.
(22.02.2022)
Über den „Unmut“ der Menschen, aufgrund der Covid-19-Pandemie in ihrer Freiheit „entrechtet worden zu sein“
Ein Erklärungsversuch
Mehdi Tohidipur
Das Recht ist eine Deklaration, eine feierliche öffentliche Erklärung, welche von öffentlichen Gewalten (Staaten, Regierungen, internationalen Organisationen) abgegeben wird.
Das Recht ist insoweit zunächst eine Möglichkeit (die Saat), deren Verwirklichung (Entwicklung, Gedeihung) eines entsprechenden Zustands (den geeigneten Boden) bedarf (im Öffentlichen: Herrschaftsordnung, Herrschaftsideologie, Regierungssystem – im Sozialen und Privaten: Eignung, Qualifizierung, Leistungskraft, Vermögen, Gesundheit).
Das Recht bedarf also zur Verwirklichung eines entsprechenden Zustands, sonst läuft es leer.
Dies gilt voll bei dem Recht auf Freiheit.
Die Mutter der Freiheit ist die Sicherheit.
Ohne Sicherheit gibt es keine Freiheit.
Alle sozialen Revolutionen und Bewegungen in der Geschichte der Menschheit zielten auf Beseitigung der Ungerechtigkeit und Sicherung der Rechte der Menschheit, und damit die Schaffung der Freiheitsräume (Zustand) für Handlung und Entfaltung der Menschen.
Die Sicherheit ist ein Zustand, während die Freiheit nur eine Möglichkeit darstellt, welche ohne gegebenen Zustand leerläuft.
Die Sicherheit ist der Zustand, in dem die Freiheit möglich ist.
Also ist die Freiheit eine Möglichkeit, die nur im Zustand der Sicherheit Verwirklichung finden kann.
Die Freiheit ist kein Selbstläufer, denn nur in Sicherheit ist die Freiheit möglich.
Im privaten und sozialen Leben der Menschen ist nur im Zustand der Gesundheit, als Sicherheit, eine Handlungsfreiheit als Möglichkeit gegeben.
Alle Bemühungen der Gesundheitsbehörden sollen nicht als Einschränkung, gar Beseitigung der Freiheitsrechte, sondern als Sicherung des Gesundheitszustands der Menschen verstanden werden.
(10.10.21)
Über die Befindlichkeit der Welt seit den 1970er Jahren
Eine Reflexion aufgrund des Afghanistan-Dramas
Mehdi Tohidipur
Im Zuge der Gesamtlage der Welt zwischen Integration und Polarisierung, kam es seit den 1970er Jahren zu lebhaften soziologischen, politischen und politisch-psychologischen Debatten über
⁕ die „Entgrenzung der Staatenwelt“, die „Weltgesellschaft“ – eine fortschreitende Zusammenfassung der menschlichen Zivilisation aller Völker in einem Gesellschaftskörper – und die „weltgesellschaftlichen Entwicklungstendenzen“ (Niklas Luhmann/Lothar Brock/Mathias Albert)
⁕ den „Niedergang des Territorialstaates“ und die Irrelevanz der Unterscheidung von Innen- und Außenpolitik (John Herz)
⁕ die abnehmende territoriale Übereinstimmung von Gesellschaft (Staatsvolk), Wirtschaft (Nationalökonomie) und politischem System (Staatsmacht), aufgrund der Denationalisierung, d.h. die zunehmende Erodierung von Territorialität und Souveränität
⁕ die Entwicklung von Grenzräumen als Wirtschaftsräume (Susan Strange / Werner Link / Thomas Bernauer)
⁕ den Auftritt von transnationalen Konzernen – global players – und einer transnational vernetzten Zivilgesellschaft auf die Bühne der Weltpolitik
⁕ die Herausbildung transnationaler sozialer Beziehungsräume durch globale Migration
⁕ die Virtualisierung von Lebensräumen durch elektronische Kommunikation und Interaktion.
Hieraus zeichnet sich einerseits durch „immense anwachsende Kenntnisse über Fakten und der Interaktionsbedingungen des Menschen“ und die „weltweiten wirtschaftlichen Verflechtungen“ und die „weltweiten Möglichkeiten der Bedarfsdeckung“ (Niklas Luhmann) eine vereinheitlichende Tendenz zu einem Weltzustand – „Weltgesellschaft“ – ab. Andererseits aber löst die die kosmopolitische Tendenz der Vereinheitlichung ihrerseits neue Fragmentierungen, Polarisierungen aus, welche zu Differenzierungen und Spaltungen führen. Zu diesem Befund kam seit den 1990er Jahren hinzu: ⁕ eine weitere Transnationalisierung der Produktion und der Produktivkräfte sowie die Herstellung der Produkte und Dienstleistungen für einen weltweiten Bedarf ⁕ der freie Fluß von Kapital über den Globus ⁕ ein starkes Wachstum globaler Finanzmärkte mit der Ablösung von nationalstaatlicher Kontrolle und Entscheidungen ⁕ die Verdichtung grenzüberschreitender politischer, sozialer Wechselbeziehungen: die Globalisierung.
Mit der Globalisierung fand auf der Ebene der internationalen Beziehungen ein Paradigmenwechsel statt, und zwar vom alten Paradigma der Ausgrenzung und des Feindbildes, zum neuen Paradigma des international notwendigen Einbindens, aufgrund der neuen Herausforderungen mit globalen Dimensionen, deren Lösungen internationale Zusammenarbeit und Koalition forderten.
Aufgrund der Verdichtung globaler Verflechtungen in den Bereichen Ökonomie, Politik, Ökologie, Kultur, Technologie, Verkehr, Kommunikation, Migration, und der hierfür nicht ausreichenden Steuerungskapazität eines einzelnen Staates sind die bestehenden und künftigen globalen Probleme nur durch internationale Zusammenarbeit zu lösen. Wobei die Globalisierung den beteiligten Nationalstaaten ein wettbewerbsfähiges und globalisierungstaugliche System der Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur abverlangt.
Dies bedeutet, daß die Globalisierung bei Weitem keiner wahrhaft globalisierten politischen, ökonomischen, sozialen Entwicklung der Welt entspricht, und keine globalisierte „Weltgesellschaft“ schafft.
Die Globalisierung führt in der Tat zur Entwicklung von Handels-, Finanz- und Produktionszentren, die von Monopolkapital in globalisierungsfähigen Staaten angesiedelt sind und über diese sodann ihre Finanzherrschaft und ökonomische Herrschaft frei und ohne Schranken, über den ganzen Globus ausüben.
Hinsichtlich des Wandels der Weltkonstellation, ist, seit den beiden Weltkriegen, die Menschheit und deren Kulturwelt, Lebenswelt, Arbeitswelt, politische und soziale Ordnungswelt in einem Paradigmenwechsel (Wechsel vom gemeinsamen Leitbild) von der Moderne zur Postmoderne begriffen.
Die postmoderne Weltkonstellation ist gekennzeichnet wie folgt:
Geopolitisch ist sie eine polyzentrische Konstellation, geführt von den USA, Rußland, China und einigen westliche Mitgliedsstaaten der EU, darunter die BRD.
Ökonomisch ist sie eine postkapitalistische und postsozialistische Ökonomie, die sich von der sozialen Marktwirtschaft (sozial ausgerichteter Ordnungsrahmen der Wirtschaftsverfassung) allmählich zur neoliberalen Ökonomie (auf Steuerung und Wettbewerb ausgerichteter Ordnungsrahmen der Wirtschaftsverfassung) entwickelt hat.
Kulturpolitisch entwickelt sie sich als postideologische und postkonfessionelle Kultur zur plural ausgerichteten und ökumenischen Kultur.
Diese in Umrissen dargestellte Befindlichkeit der Weltkonstellation erweckt sowohl Hoffnung als auch Sorge.
Die Hoffnung kommt durch weltweite Bemühungen und Aktionen der transnational vernetzten Zivilgesellschaft (Weltgemeinschaft) um Übereinstimmung, Vereinigung und Verantwortung.
Die Sorge gründet sich auf den partikularen Bemühungen und Praktiken der Machthaber, Machtgruppen und Machtmenschen in der Weltgemeinschaft um ihre eigene Machterhaltung, Machtentfaltung und Machtmißbrauch. Die politischen und kontrasozialen Ereignisse der vergangenen Jahre bestätigen und bestärken diese Sorge. Wenn weiterhin die Weltmächte, vornehmlich die Westmächte, partikulare Weltpolitik betreiben, d. h. die eigenen nationalen Machtinteressen gegen die politisch-sozialen Interessen der Weltgemeinschaft mit allen Mitteln, insbesondere mit den die Lebensgrundlagen der Menschheit gefährdenden bzw. zerstörenden Kriegen, durchzusetzen versuchen, definieren sie sich weniger moralisch als militärisch als Führungsmächte.
Wenn diese Weltmächte bei ihrer partikularen und ungerechten Weltpolitik ohne moralische Bezüge und sich zugleich mit dem „Krieg, um Frieden und Sicherheit zu schaffen“ rechtfertigen, führt diese Machtpolitik ohne Ethik und Menschlichkeit (inhumane Politik) zu schlimmen Folgen – von Inhumanität und Schandtaten in Afrika ganz abgesehen – wie in Vietnam, Korea, Afghanistan, Irak, Libyen und Syrien. So bringen sie immer mehr die Säulen der Moral- und Wertvorstellungen sowie der Moral- und Wertbindungen in der Weltgemeinschaft ins Wanken und gefährden die Lebensgrundlagen der Menschheit immer mehr.
Die Folge dieser inhumanen Machtpolitik: Eine umfassende Krise des Allgemeinen (Krise der Allgemeinheit, der Kollektive, der Institutionen); charakterologische Veränderungen in den Gesellschaften hinsichtlich der Ziele der sozio-ökonomischen Entwicklung; Massenelend, Migration bzw. Wanderung und Flucht; Charakterdeformationen bei den Menschen, und im Ergebnis der Zerfall der Weltgemeinschaft.
Die Staatenwelt braucht eine universale, entideologisierte Ordnung der Weltpolitik, die dazu führt, daß die Herrschaft des Rechts anstelle der Herrschaft der Gewalt Geltung findet und die globalen Interessen und Notwendigkeiten der Weltgemeinschaft, insbesondere im Bereich der Bevölkerungspolitik, Umweltpolitik, kollektive Sicherheitspolitik und die Sicherung des globalen Gleichgewichts, die zentrale Bedeutung bei Verhandlungen und Beschlüssen der Staatsführer erlangen.
Das Kredo soll hierbei heißen:
Die Kulturen, Gemeinschaften, Nationen, Staaten, sollen rechtschaffen bestimmt sein. Sie sollen zudem mit Weltethos – dem globalen Corpus ethischer Prinzipien, Wertvorstellungen – als konsistente Bezugsbasis für ihre Entscheidungen und Handlungen und die Lösung globaler Probleme überspannt sein.
Jeder Staat soll seine eigenen Ressourcen (vorhandener Bestand an natürlichem, kulturellem, traditionellem, sozialem, ökonomischem Potential) zur Erreichung seiner eigenen Entwicklung und Notwendigkeiten nutzen und hierbei von der Weltgemeinschaft unterstützt werden.
Die Praktiken der NATO-Staaten, insbesondere seit den 1990er Jahren, laufen oben erwähntem Kredo indes zuwider.
Mit dem Beginn der Wandlungsphase der NATO (die sechste Phase 1991) und der Schaffung des NATO-Kooperationsrats (NACC) engagierte sich die NATO unter Führung der USA, meist ohne Mandat, unter Bezug auf „die Gewährleistung von Sicherheit in Europa“ in internationalen Konflikten, auch außerhalb des Bündnisgebietes (ab 1998 Bosnienkrieg / Kosovokonflikt / nach dem 11. September 2001 Krieg in Afghanistan / Irak-Krieg / Libyen-Krieg), und leitete somit eine Entwicklung der NATO zu einer umfassenden multifunktionalen Sicherheitsstelle ein.
Diese Nato-Einsätze wurden mit „Gewährleistung von Sicherheit in Europa“ begründet, obwohl bei all diesen Einsätzen, faktisch die geopolitischen Interessen der NATO im Vordergrund standen.
Außer diesen Motivtäuschungen wurden die Einsätze durchgeführt, ungeachtet der Einschätzung der Ressourcen der jeweiligen Staaten, und ungeachtet der Nutzung dieser Ressourcen zur Schaffung einer geeigneten Infrastruktur und Strategie für die von der NATO in den jeweiligen Staaten beabsichtigten außenpolitischen Einsätze.
Operieren bloß mit militärischer Gewalt, ohne Sachverstand und Empathie in Bezug auf Wertevorstellungen anderer Kulturen und Grad der Annehmbarkeit westlicher Art des Lebens für andere Kulturen.
Die Folgen:
Totales Scheitern und hoher Verlust an Menschen und Material bei allen Einsätzen der NATO, und dies zeugt von Dysfunktionalität und Verantwortungsdiffusion bei der NATO.
(08.09.2021)
Über das richtige Leben
Mehdi Tohidipur
Die Zentralideen der Lehre vom richtigen Leben sind die Autonomie und das Glück der individuellen Existenz.
Die Autonomie bezeichnet die ethische Selbstverpflichtung (Selbstbestimmung) aus eigener Vernunft und Kraft.
Als Vernunftwesen hat der Mensch einen besonders beschaffenen, sittlich guten Willen und dazu Willensfreiheit, wodurch er die äußere und fremde Nötigung und die Abhängigkeit von anderen und Fremdherrschaft in eigener Sache (Heteronomie) überwinden kann (Kant).
Das Glück als ein innerer wohltuender Zustand des Menschen (Glückseligkeit), hängt von der eigenen Glücksfähigkeit des jeweiligen Menschen ab, welche wiederum aber den Persönlichkeitswerten des Betreffenden zuzurechnen ist. Denn der Grad der Glückseligkeit hängt von der Höhe der Einschätzung vom Wert des Lebens und die Erkennung der ethischen Werte als solche vom jeweiligen Menschen ab.
Das individuell richtige Leben ist nicht bloß eine Frage des Gelingens von privaten Verhältnissen, und nicht allein der Kontingenz, von dem das individuelle Gelingen abhängt, sondern vielmehr eine Frage des kulturellen Zustandes der jeweiligen Gesellschaft, durch die vorentschieden wird, ob und inwieweit jeder einzelne zu einem richtigen Leben gelangen kann. Jede Kultur gibt die Muster des Gelingens des Lebens in ihr vor, auf die sich jeder einzelne, der ein gelingendes Leben haben will, zu beziehen hat.
Begründet auf diesen Zusammenhang, ist der Zustand einer Kultur bestimmend für das Gelingen des individuellen Daseins, und für die Vorgabe von Mustern des richtigen Lebens. Wobei hier als Grundsatz gilt, daß es „kein richtiges Leben im falschen gibt“ (Adorno).
Theodor W. Adorno beschäftigten in seinen sozialphilosophischen Werken, insbesondere: „Minima Moralia“, „Dialektik der Aufklärung“, „Studien zum autoritären Charakter“ und „Negative Dialektik“, zwei Themen ganz besonders:
Erstens das Schicksal der Individualität des Einzelnen, seine personale Einmaligkeit, die unter den Bedingungen moderner westlich-kapitalistischen Massengesellschaften und den Vorgaben demokratischer Gleichheit und, Adorno zufolge, am deutlichsten in der Vorherrschaft des alles nivellierenden Tauschprinzips, immer mehr verloren geht. Wodurch das Humane, d.h. etwas Eigenes zu sein, unter dem Zwang zur gesellschaftlichen Anpassung, ökonomisch oder politisch „verwertbar“ zu sein, degeneriert und so der Einzelne immer mehr von seiner Individualität aufgeben muss. In diesem Milieu bürgerlich-kapitalistischer Gesellschaft herrscht ein Menschenbild vor, daß den Menschen als sich selbst optimierende Ressource versteht (vgl. hierzu M. Tohidipur: „Politische Ökonomie des Bildungswesens“), und dies in einer Gesellschaft, die insgesamt dem Ökonomismus untergeordnet, und der Imperativ der Kapitalverwertung tief im Bewußtsein der einzelnen Menschen verankert ist.
Diese Verinnerlichung des Imperativs des Kapitals in den Individuen führt zur Umdeutung deren Bewusstseinsbegriffe: Selbstverlust zur Freiheit; Selbstausbeutung zur Selbstverwirklichung – und in diesem Zusammenhang geht der Mensch eigenverantwortlich im Streben nach Akkumulationsoptimierung auf, nach der Parole: „Wir sind Kapital“.
Zweitens die Ambivalenz europäisch geprägter Rationalität und die Frage der im Gefolge der Aufklärung entfesselten Wissenschaften, die sich am Ende schließlich gegen den Menschen selbst, seine Würde und seine Freiheit wenden, indem sie sich in den Dienst von ökonomischer wie politischer Macht gestellt haben – eine nach Adorno und Horkheimer tiefgreifende „Dialektik der Aufklärung“.
Adorno und Horkheimer und den jüngeren Vertretern der Kritischen Theorie der Gesellschaft zufolge, könnten zwei eng mit der Aufklärung
verbundene Theorien, das Selbstverständnis westlicher Zivilisation grundlegend verändern und das westlich überlieferte Bild vom Menschen zerstören und die Grundlagen westlich-ziviler
Ordnung und der politischen Idee der Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie untergraben:
Zum einen das naturalistische Welt- und Menschenbild, das die Natur als das allein Seiende und Allumfassende und nur das „Natürliche“, d.h. das naturwissenschaftlich Erkennbare und im Alltag Erfahrbare als das Wirkliche betrachtet (der ontologische Naturalismus); und den Geist und die geistigen Schöpfungen in den Begriff „Natur“ miteinbezieht. Vor diesem Hintergrund verlangt der Naturalismus im Ethischen, Weltanschaulichen, Sittlichen, Sozialen, Ästhetischen, eine nicht-idealisierte, naturgetreue, naturgemäße Denk- und Lebenshaltung. Was die Naturalisierung des Denkens, Erkennens (Evolutionäre Erkenntnistheorie) und Handelns (Evolutionäre Ethik) zur Folge hat. So missachtet die monotheistische Spielart des Naturalismus das Übernatürliche wie Übersinnliche und spricht der Religion die Wahrheitsfähigkeit ab.
Zum anderen die utilitaristische Denkweise (Utilitarismus), die das Kriterium der Nützlichkeit als der einzige Maßstab des moralisch Richtigen betrachtet. Hierbei werden die Handlungen nicht aus sich heraus, sondern danach beurteilt, welche Folgewirkungen sie haben. Und der Maßstab der Folgewirkungen ist ihr Nutzen, und zwar für das in sich Gute.
Als in sich Gut und höchster Wert gilt die Erfüllung der menschlichen Interessen und Bedürfnisse als das Glück. Wobei es hier nicht um Selbstinteressen der individuellen Existenz geht, sondern um das allgemeine Wohlergehen, das Gesamtwohl der Gesellschaft (Wohlstandsgesellschaft), ungeachtet des Eigenwohls des Einzelnen, und so löst sich das Individualinteresse im Kollektivinteresse und somit die Autonomie und das Glück der individuellen Existenz im Kollektivbewusstsein und Kollektivwohlstand auf.
Neben dieser Problematik besteht in bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaften ein weiteres, seit ihrer Entstehung herrschendes politisch-soziales Hauptproblem, nämlich – trotz der ernsten Bemühungen der politischen Herrschaften im Westen bei der Fortentwicklung der Demokratisierung der politischen Ordnung, auch um die Demokratisierung der Wirtschaft – das Problem des Verbleibs der Wirklichkeit der Sicherung der Elemente der autoritären Herrschaft des europäischem Absolutismus im Bereich der Wirtschaft, welche ihre despotisch-autoritäre Ordnung und Haltung, ohne eigene Legitimation, fortwährend über die Legitimation der jeweiligen demokratischen Herrschaft, auf der Basis des geltenden Rechts, erfolgreich legalisiert.
(03.April 2021)
Über die Verwandlung der Ethik und die Relativierung der Werte
Mehdi Tohidipur
Die Verwandlung der Ethik
In unserer Neuzeit, insbesondere in den westlich-pluralistischen Ländern der Welt, findet eine radikale, selbstgerechte Verwandlung von der Werteethik in eine Zweckethik statt. Hierbei liegt dem Wunsch nach Gutem nicht das Notwendige, das Richtige, sondern das Nutzbare, das Nutzbringende zugrunde. So wird das Wesen der Ethik von Verantwortung und Verpflichtung in Erfolgsorientierung und Nutznießung umgewandelt. Obwohl sich der Mensch nicht durch Leistung und Erfolg, sondern durch die Würde definiert.
Wertethik: die Begründung von Werten im Leben und Handeln der Menschen, wobei die Vorstellung einer Verantwortung, Verpflichtung (Pflichtmotiv) als bestimmender Faktor um Wohlleben und Selbstverwirklichung gilt.
Zweckethik: die Begründung von Nutzen im Leben und Handeln der Menschen, wobei die Vorstellung eines Erfolges bzw. Nutzens (Handlungsmotiv) als bestimmender Faktor gilt.
Aufgrund dieser Verwandlung der Ethik denken manche selbsternannte und weniger bedachte Religionskritiker, daß die Religion, deren Wesensgehalt die Werteethik der universellen und ewigen Geltungskraft von heiligen Schriften als eine göttliche Offenbarung zugrunde liegt, und so als globale Werteordnung gilt, in der Perspektive der Zeit einer Umwandlung ihrer Wertethik in eine zeitgemäße Zweckethik unterzogen werden kann, ohne hierbei zu bedenken, daß bei einer solchen Umwandlung die Religion ihren Wesensgehalt als werteschaffende Globalordnung und damit ihre Legitimation verliert.
Eine Religion als offenbarte Botschaft Gottes an die Weltgemeinschaft kann aber ungeachtet der geistigen, gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen und Veränderungen der Weltgemeinschaft, ihr kompatibel, ohne Substanzverlust, neu interpretiert werden.
Die Relativierung der Werte
Der Wert ist in ethischer Hinsicht ein besonderer Aspekt der Subjekt-Objekt-Beziehung, in der sich die Bedeutung von Objekten (Ereignissen, Prozessen, Eigenschaften, Idealen, Leitbildern, Prinzipien, geistigen Gütern, gesellschaftlichen Verhältnissen) für das Leben der Menschen und deren soziale Verhältnisse (Subjekte) ausdrückt.
Der Wert bezeichnet hier ein Beurteilungskriterium und Beurteilungsprinzip des Handelns und der Entscheidung, in einer konkreten Handlungssituation. Die Werte gewinnen nur in der Handlung, und im Glauben des Handelnden an ihre Geltung, die Realität. Hinsichtlich der Gültigkeit von Werten wird differenziert zwischen den absoluten Werten (universalen, objektiven) und den relativen Werten (subjektiven).
Erstere haben unbedingte Geltung; letztere nur in Bezug auf die ihnen zugrundeliegenden absoluten Werten, und die zu bewertende konkrete Handlung oder Entscheidung.
Nach der Wertphilosophie des 19. U. 20. Jh. gelten die Lust- oder Dienstwerte als niedrigste Werte und die religiösen Werte als höchste Werte. Die Werte existieren an sich, unabhängig von menschlichen Wertungen (apriorisch), und bilden als besondere Fühlakte eine Rangordnung, in der die Human-Werte den unbedingten Vorrang vor den Material-Werten haben.
Nach Max Scheler gliedert sich „das Reich der Werte“ in vier Klassen:
· Werte des sinnlichen Fühlens
· Werte des vitalen Fühlens
· Werte des geistigen Fühlens
· Werte des religiösen Fühlens
Die Rangordnung der Werte und der Fühlakte bilden, nach Scheler, den „ordo amoris“ eines Menschen als „ens amans“ (liebendes Wesen). Max Scheler sieht hier das Wesen des Menschen primär in der Liebe.
In der westlich-pluralistischen Gesellschaft und Politik herrscht die Tendenz, auf verbindliche Werte und Normen mehr und mehr zu verzichten und durch die Schaffung der Rechte, den Freiheitsgrenzschwund, die Relativierung der Werte und Verantwortlichkeit und hierdurch die Permissivität zu fördern. Das Recht lässt sich hiernach eher als ein funktionaler Ersatz von Werteordnung, Moral und Ethik verstehen.
Die Autonomie (die ethische Selbstbestimmung aus eigener Vernunft), die im moralisch-ethischen Bereich aus einem Stück besteht, tritt im rechtlichen Bereich nur in der doppelten Gestalt von privater und öffentlicher Autonomie auf.
So ermöglichen sich die subjektiven Handlungsfreiheiten des Privatrechtssubjekts (natürliche oder juristische Person) und die öffentliche Autonomie des Staatsbürgers wechselseitig.
Das Recht legitimiert sich auf diese Weise als Mittel zur gleichmäßigen Sicherung privater und öffentlicher Autonomie.
Der Grund bei alldem liegt darin, dass die westlich-pluralistische Gesellschaftsordnung von Rechten her gedacht ist. Hiernach wird jede Freiheitsbeschränkung oder Pflichtenauferlegung rechtfertigungsbedürftig. Was aufgrund der wachsenden Pluralität in der westlichen Gesellschaft und hiernach dem Freiheitsgrenzschwund mit der Relativierung der Werte und der Verantwortlichkeit durch Schaffung der Rechte, ordnungsrechtlich immer weniger durchführbar wird.
Die Betonung der Idee des Rechts, welche die Idee der Pflichten und der Verantwortung marginalisiert, und der Nachdruck auf den Buchstaben des Gesetzes, kann am Ende Immoralität und Glaubensverlust fördern. Denn die Menschen glauben dann, die bloße Befolgung von Recht und Gesetz sei ausreichend und alleinselig und sie müssen sich in ihrem Denken und Handeln sonst keine moralischen Prinzipien unterordnen. So kann die Kultur der Rechte (Recht vor Werten) die Werte untergraben.
Das Kredo soll hier heißen:
Die Kulturen, Gemeinschaften, Nationen, Staaten, sollen rechtschaffen bestimmt sein. Sie sollen zudem mit Weltethos – dem globalen Corpus ethischer Prinzipien, Wertvorstellungen –, als konsistente Bezugsbasis für ihre Entscheidungen und Handlungen und die Lösung globaler Probleme, überspannt sein.
(03. April 2021)
Gemeinschaft und Gemeinschaftlichkeit
Mehdi Tohidipur
Die Säule einer jeden Gemeinschaft ist der Gemeinsinn.
Der Gemeinsinn impliziert Verantwortung in Verbindung mit Empathie.
In der politisch-sozialen Verantwortung soll Gemeinwille – das Soziale –, nicht der Eigennutz – das Private – verwirklicht werden. In der Sozial- und Rechtsordnung einer Gemeinschaft darf nicht das Private vor dem Sozialen vorangelten.
Das Soziale soll hierbei als Orientierungsgrundlage für die private Lebenshaltung gelten. Die Praxis – private, soziale, öffentliche – innerhalb einer Sozial- und Rechtsordnung muß in völliger Übereinstimmung mit den Implikationen derer Grundordnung sein: Adäquatheit, Dialektik.
Die Relativierung der Werte, Verantwortung und Pflichten durch Schaffung der Rechte, führen zu Permissivität und Amoralität und den Verfall des sozialen Zusammenhalts in der Gemeinschaft.
Sinn ▪ Eigensinn
In der privaten, sozialen und öffentlichen Lebenspraxis soll man stets den Sinn (der betreffenden Sache), nicht aber den Eigensinn (die verinnerlichte, vorgefasste Meinung) suchen.
Der Sinn
Die Religion bestimmt, was der Mensch wollen soll.
Dieses „was“ gilt als die Lebens- und Handlungsgrundlagen der Menschen, bestehend aus den Botschaften Gottes, daher sind sie dem Gehalt nach gut.
Die Ethik bestimmt wie der Mensch wollen soll. Wobei dieses „wie“ aus Denken, Reden und Handeln der Menschen besteht, welche dem Gehalt nach nur gut (recht) sein sollen.
Diese Gehalte bilden den Sinn des Glaubens, Denkens, Redens und Handelns des Menschen. Dies gilt nicht nur bei der Religion und Ethik, sondern bei allen Lebenshandlungen, Kommunikation und Interaktion der Menschen. So soll man bei alldem stets Sinn und nicht Eigensinn suchen.
Grund ▪ Auslöser
Zur guten Überwindung bzw. Bewältigung der Krisen muß man zwischen Grund (die eigentliche Wurzel, aus der das Krisenpotential gewachsen ist) und Auslöser (ein Verhalten, eine Bemerkung, eine Meinungsäußerung u.ä., als Reiz der eine bestimmte, nicht vom Willen, sondern vom Unterbewusstsein gesteuerte Reaktion auslöst) der Krisen unterscheiden.
Die meisten Krisen, seien es private, soziale oder öffentliche Krisen – Beziehungskrisen der Menschen, Familienkrisen, zwischenmenschliche Krisen bis hin zu Staatskrisen, beruhen auf dieser Nicht-Unterscheidung von Grund und Auslöser.
Trennung ▪ Differenzierung
Bei kommunikativ menschlichen (partnerschaftlichen, sozialen, politischen) Beziehungsstrukturen sind Elemente – die Wahrnehmer der Beziehungen – und deren Kognitionen – die Meinungen, Überzeugungen, Wissenseinheiten, Glaubenseinheiten, Erfahrungen, Erlebnisse aber auch Vorurteile – und Entitäten – die hierbei zur Disposition gestellten Sachverhalte – wesentlich. Diese Beziehungen können positiv (balanciert) oder negativ (unbalanciert) verlaufen. Beim positiven Verlauf der Beziehungen kommen die Elemente der Beziehungen, in Bezug auf Kognition und deren Entitäten zur übereinstimmenden Ansicht. Beim negativen Verlauf der Beziehungen kommt es zum Meinungsstreit bzw. zur Kommunikationsstörung und daraus resultierenden Beziehungskrise.
Trennung
Jedem negativen Verlauf der Beziehung liegt in der Regel eine kognitive Trennung der zur Disposition stehenden Sachverhalte zugrunde. Diese Sachverhalte können Bezug haben auf eine Freundschaft, Partnerschaft, Lebensgemeinschaft, Familiengemeinschaft u.ä.
Die kognitive Trennung führt hierbei oft zur Störung, bis zur Auflösung der ihr zugrunde liegenden Gemeinsamkeit. Denn der Trennung liegt immer die Vorstellung der Unvereinbarkeit (Destruktivität) zugrunde. Demgegenüber liegt aber der Differenzierung die Vorstellung der Einheit in Verschiedenheit (Konstruktivität) zugrunde.
Um das Aufkommen der Auflösungen der Gemeinsamkeiten zu vermeiden, soll man die kreative Kraft der Differenz nutzen und dabei nicht das Trennende, sondern das Verbindende suchen, und somit den positiven Verlauf der Beziehungen erreichen.
Differenzierung
Bei der Differenzierung geht es im Allgemeinen um den Prozess der Teilung, Verselbständigung, Spezialisierung, Herausbildung ungleichartiger Gebilde aus einheitlich wahrnehmbaren Strukturen – und Auseinanderentwicklung der Teile eines Ganzen. Die Differenzierung ist ein Prinzip der biologischen Entwicklungslehre und der Individuation – die Sondierung eines Allgemeinen, einer Gegebenheit, in Besonderheiten (Individuum), als der Existenzgrund von Einzelwesen und deren Besonderheiten.
Der Begriff der Differenzierung steht, was das Prinzip der Individuation betrifft, in direkter Verbindung mit dem Begriff Entfaltung, als einem Prozess des sich auseinanderfaltendes Wesen eines Daseins.
Bei der Erziehung als Entwicklung wird in der Regel von einem jeweils, nach sozialen und politischen Interessen, gültigen Menschenbild ausgegangen, und so von außen auf die Entwicklung (Sowerden) des Menschen Einfluss genommen, ohne sein eigentümliches Sein, seine Natur, seine Begabung, seine Anlagen, seine Interessen in Betracht zu ziehen.
Der Mensch braucht, als soziales Wesen, neben der Vergesellschaftung auch die Neigung und Fähigkeit zu sozialen Beziehungen und Gemeinschaftsbildung (Soziabilität) durch Entwicklung.
Der Mensch braucht aber auch unbedingt als Individualwesen das Selbstbewusstsein, also die Fähigkeit zur Selbstverwirklichung (Individuation, Mandala) durch Selbstentfaltung (zur Geltung bringen von Begabung, Anlagen, Intuition, Interessen, Fähigkeiten).
Hiernach muss die Erziehung des Menschen einerseits die Förderung seiner Entwicklung zur Soziabilität, und andererseits die Unterstützung seiner Entfaltung zur Individuation sein.
Dies bedeutet, dass nur ein entfalteter und innerlich balancierter Mensch zur Differenzierung fähig ist.
Bei der Erziehung des Menschen als bloße Entwicklung (z.B. eines Charakters oder eines Glaubens) fehlt diese Fähigkeit. Zudem fehlen auch bei diesen nicht entfalteten Menschen (nach Kant: „unverschuldet“) die Fähigkeit zur Empathie und Toleranz, welche die in direkter Verbindung mit dem Begriff Differenzierung stehen.
Diese nichtentfalteten Menschen neigen, aufgrund ihrer bloßen Entwicklung (Erziehung), zur Trennung, d.h. die Auflösung oder die Aufhebung der wesentlichen Verbindungen, die Kluftbildung zwischen den einzelnen Erscheinungen und den Bereichen - und bei zwischenmenschlichen Beziehungen und Fragen, neigen sie zur singularistischen Verständnishaltung und eindimensionalem Denken und somit die Begehung des destruktiven Weges der Kommunikation und der Interaktion mit den anderen.
Hingegen geht der entfaltete und innerlich balancierte Mensch durch Differenzierung des konstruktiven Weges der Kommunikation und der Interaktion in dialogischer und vertraglicher (in Eintracht, respektierend) Absicht, bei pluralistischer Verständnishaltung auf Grundlage der Reziprozität (Wechselseitigkeit) mit den anderen.
Also:
Der gute Umgang mit Differenzen ist bei zwischenmenschlichen Beziehungen und Fragen nur durch Differenzierung möglich, d.h. durch das pluralistische Verständnis, auf Grundlage der Reziprozität und der Suche nach Verbindendem, nicht aber dem Trennenden.
Denn:
Differenzierung führt zu Versöhnung und Verständigung
Trennung führt zu Enttäuschung und Abwehrhaltung
Ich nenne diesen Gang der Problem-, Krisen-, und Konfliktbewältigung:
Der mittlere Weg:
Der konstruktive Weg der Differenzierung in dialogischer und vertraglicher Kommunikation und Interaktion mit den anderen, auf Grundlage der Reziprozität und der Suche nach Verbindendem, nicht aber dem Trennenden.
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Pluralismus
Die Anschauung, nach der die Wirklichkeit als Vielfalt aus vielen gleichberechtigten, selbständigen Prinzipien besteht.
Singularismus
Die Anschauung nach der die Wirklichkeit als Einheit angesehen wird, deren Teile nur scheinbar selbständig sind.
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(31.Januar.2021)
Hintergründe der Weltgemeinschaftskrise, der Verteilungsungerechtigkeit, der globalen Migration bzw. Wanderung und Flucht
Mehdi Tohidipur
Seit den beiden Weltkriegen ist die Menschheit, und deren Kulturwelt, Lebenswelt, Arbeitswelt, politische und soziale Ordnungswelt, in einem Wandel der Weltkonstellation und Paradigmenwechsel (Wechsel vom gemeinsamen Leitbild) von der Moderne zur Postmoderne begriffen.
Die postmoderne Weltkonstellation ist gekennzeichnet wie folgt:
Geopolitisch ist sie eine polyzentrische Konstellation, geführt von den USA, Rußland, China und einigen westlichen Mitgliedstaaten der EU, darunter der BRD.
Ökonomisch ist sie eine postkapitalistische und postsozialistische Ökonomie, die sich von der sozialen Marktwirtschaft allmählich zur neoliberalen Ökonomie entwickelt hat.
Kulturpolitisch entwickelt sie sich (langsam aber sicher) als postideologische und postkonfessionelle Kultur zur plural ausgerichteten und ökumenischen Kultur.
Diese in Umrissen dargestellte Befindlichkeit der Weltkonstellation erweckt sowohl Hoffnung als auch Sorge.
Die Hoffnung kommt durch weltweite Bemühungen und Aktionen der Bürger der Weltgemeinschaft um Übereinstimmung, Vereinigung und Verantwortung.
Die Sorge gründet sich auf den partikularen Bemühungen und Praktiken der Machthaber, Machtgruppen und Machtmenschen in der Weltgemeinschaft um ihre eigene Machterhaltung, Machtentfaltung und Machtmißbrauch.
Die politischen und kontrasozialen Ereignisse der vergangenen Jahre bestätigen und bestärken diese Sorge.
Doch was ist das Problem?
Wenn mit der Klima-Frage weiterhin so wie bisher umgegangen wird und so die Erdtemperatur so weiter steigt, müssen wir damit rechnen, daß viele Großstädte der Welt, sogar größere Gebiete wie die Golfstaaten, unbewohnbar werden. Es drohen in vielen Gebieten der Erde Missernten und damit verbunden Armut und Hungersnot. Und die Folge: globale Migration bzw. Wanderung und Flucht.
Und
Wenn weiterhin privat und öffentlich die Ökonomie ohne Menschlichkeit und die Verteilung ohne Gerechtigkeit herrscht, wird die Schere zwischen den Armen und den Reichen immer größer. Prekäre Lebensverhältnisse werden zum Regelfall. Als Folge gestalten sich die Gemeinschaften fortwährend in Differenzierungsgesellschaften um, deren Mitglieder sich permanent auf- oder abwerten, wodurch das Leben zur Selbstdarstellung wird. Dies führt zur Polarisierung der Beziehungen und Überzeugungen und zur sozialen Destabilisierung.
Und
Wenn weiterhin die Weltmächte, vornehmlich die Westmächte, partikulare Weltpolitik betreiben, d.h. die eigenen nationalen Machtinteressen gegen die politisch-sozialen Interessen der Weltgemeinschaft, mit allen Mitteln und insbesondere mit den die Lebensgrundlagen der Menschheit gefährdenden bzw. zerstörenden Kriegen, durchzusetzen versuchen, definieren sie sich weniger moralisch als militärisch als Führungsmächte. Wenn diese Weltmächte bei ihrer partikularen und ungerechten Weltpolitik ohne moralische Bezüge auskommen und sich zugleich mit dem „Krieg um Frieden und Sicherheit zu schaffen“ rechtfertigen, führt diese Machtpolitik ohne Ethik und Menschlichkeit (inhumane Politik) zu schlimmen Folgen – von Inhumanität und Schandtaten in Afrika ganz abgesehen – wie in Vietnam, Korea, Afghanistan, Irak, Libyen und Syrien. So bringen sie immer mehr die Säulen der Moral- und Wertvorstellungen und der Moral- und Wertbindungen in der Weltgemeinschaft ins Wanken und gefährden immer mehr die Lebensgrundlage der Menschheit.
Und die Folge: eine umfassende Krise des Allgemeinen (Krise der Allgemeinheit, der Kollektive, der Institutionen) – charakterologische Veränderungen in den Gesellschaften hinsichtlich der Ziele der sozio-ökonomischen Entwicklung – Massenelend, Migration bzw. Wanderung und Flucht –Charakterdeformationen bei den Menschen.
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Herausforderung und Notwendigkeit
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Herausforderung
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Globalisierung:
Partikulare Weltpolitik:
Differenzierungsgesellschaft:
Klimawandel:
Führt zu:
Zerfall der Weltgemeinschaft:
Notwendigkeit
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Die Nachhaltigkeitspolitik:
Die universale Weltpolitik:
(11. März 2018)
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Institut für Gesellschaftspolitik
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